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Der "wahre Sith" Malgus

Als Möchtegern-Imperator hatte Malgus einige nette Ideale anzubieten, doch dieser Malgus hatte sehr wenig mit dem Malgus zu tun, den man aus dem Großen Galaktischen Krieg kannte...

Nobody understands Darth Malgus! Oder anders formuliert, der Malgus den viele seit Ilum zu ihren Helden erklärt haben ist nur ein Teil der Wahrheit. Wer Malgus wirklich ist und was hinter der schönen Fassade des verhinderten Reformers steckt enthüllt Paul S. Kemps The Old Republic-Roman Betrogen, welcher seit Malgus Rückkehr wieder an Relevanz gewonnen hat. Kemp war zwar kein Teil des SWTOR-Autorenstabs, aber er bekam jene Charakterbeschreibungen zur Verfügung gestellt, die BioWare seit SWTORs Launch 2011 auch verwendet hat, um neu zum Team hinzugestoßene Autoren auf eine gemeinsame Linie zu bringen, was den Content in allen Game Updates seit 1.1 betreffen dürfte. Damit unterscheidet sich Kemps Roman sehr stark vom ersten SWTOR-Roman FATAL ALLIANCE, dessen Autor Sean Williams noch keine ausgefeilten Charakterporträts nutzen konnte, weshalb Wiliams Charakter-Schöpfungen bis dato auch keine Rolle in SWTOR gespielt haben.

 

Der von Kemp geschriebene Malgus-Roman erschien im März 2011, also vor 9 Jahren und damit auch noch 9 Monate vor dem Launch von SWTOR. Doch ein Großteil der Story war da schon fixiert und es lief bereits eine Closed Beta, man kann die Relevanz von Kemps Roman also nicht so einfach vom Tisch fegen. Natürlich hat sich SWTOR über die Jahre auf einige ärgerliche "Logiklücken" eingelassen, vor allem nachdem der von Drew Karpyshyn geschriebene Roman REVAN auch nichts daran änderte, dass Lord Scourge über die Klassenstory von 1.0 hinaus keine Rolle mehr spielte und ausgerechnet in Shadow of Revan nichts zu sagen hatte. Meiner Meinung nach will man genau das aber nun korrigieren und dieser Trend begann wohl schon damit, dass man Theron Shan ins Spiel holte, nachdem er in einem Roman und Comic eingeführt worden ist. Zudem griff man gerade in KotET neuerlich auf Therons Hintergrundgeschichte zurück, indem man einen weiteren Charakter aus dem Roman VERNICHTUNG ins Spiel brachte - Moff bzw. Minister Gelmid Lorman.

 

Nun da Game Update 6.1 die Ingame-Auftritte von Zeerid Korr und Aryn Leneer bestätigt hat sollte auch Kemps BETROGEN mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden und damit auch Kemps Beschreibung von Malgus, die so gar nicht der eines für Sith-Verhältnisse netten Idealisten entspricht. Malgus mag zwar Ideale haben, doch er ist kein Weltverbesserer in jenem Sinne wie es sich wohl viele seiner neugewonnenen Anhänger wünschen würden. Malgus ist anarchistisch angehaucht und sieht den Sinn und Zweck eines Sith-Imperiums allein darin Krieg zu führen, anstatt über die Galaxis zu herrschen. Malgus will den Krieg also nicht gewinnen, sondern ewig weiterführen. Somit ist Eroberung oder die Bezwingung von Widerstand gar nicht sein oberstes Ziel - sondern es ist Blutvergießen. Damit ist Malgus wenig besser als die Urform von Vitiate, die eine ganze Galaxis auslöschen wollte. Malgus Ideal ist die ständige Evolution der Machtnutzer, welche nur durch Konflikt und den Tod aller Unwürdigen möglich ist. Da wundert es wohl keinen, dass Malgus für Vitiate und dessen Nachfolger ein nützlicher Feldherr war, dessen Vorstellung eines totalen endlosen Krieges zwar die gewünschten Siege herbeibrachte, schlussendlich jedoch auch verhinderte, dass Malgus jemals eine politische Karriere einschlagen konnte.

 

Interessanterweise könnte Malgus als lebende Kriegsmaschine jedoch genau der Vorstellung der "wahren Sith" entsprechen, welche in Obsidians KotOR III eine Rolle gespielt haben könnten. In KotOR II ließ sich bereits etwas von der wahrscheinlichen Philosophie dieser Sith herauslesen und so manches schien sich mit den Yuuzhan Vong zu decken, welche einige Jahre zuvor auch bereits als potentielle "wahre Sith" eingeführt worden waren. Bei den Vong legte jedoch George Lucas wohl sein Veto ein und verhinderte so, dass die extragalaktischen Invasoren zu den "wahren Sith" oder in den Unbekannten Regionen lauernden Ur-Sith gemacht werden konnten. Bei KotOR III hätte er dieses Veto wohl auch eingelegt, doch da das Spiel nie zu stande kam spielt diese Vorstellung in den Spekulationen mancher Fans immer noch eine große Rolle. Um die Vong als Beispiel heranzuziehen, diese waren bestialische Massenmörder, die Krieg führten, weil es ihre göttliche Mission war und die Existenz ihrer Kriegerkaste absicherte. Die Vong hatten kein Problem mit Kriegsverbrechen, Völkermord oder der Hinrichtung von Gefangenen und Flüchtlingen. Derart bestialisch hätte man sich also wohl auch die wahren Sith vorstellen müssen, die allein der dunklen Seite und damit der Zerstörung verpflichtet gewesen wären. Und Malgus, der wohl nach den Worten Banes (des Banes aus The Dark Knight Rises) in einen Krieg geboren und von diesem geformt wurde ist die Verkörperung dieses Ideals einer Spirale der Zerstörung.

 

Dem Kriegstreiber Malgus ist zwar egal, von wo seine Krieger stammen, aber er strebt nach keinem Sieg und damit auch nach keinem endgültigen Frieden zu Gunsten der Sith. Auf Ilum lässt sich das noch an seiner Deklaration erkennen, in der er ja auch vor allem willige "Krieger" dazu aufruft sich unter seinem Banner zu versammeln. Als Naturgewalt hat sich Malgus zwar gegenüber nur zu menschlichen Schwächen abgesichert, aber er hat insgeheim eben auch seine Menschlichkeit geopfert, um zu einem reinem Gefäß der dunklen Seite zu werden. Selbst das Monstrum Vitiate behielt einen Teil seiner Menschlichkeit, auch wenn es nur seine menschliche Arroganz und Selbstverliebtheit waren. Malgus scheint mir weniger geneigt zu sein den Erhalt seiner selbst oder einer von ihm geschaffenen Organisation anzustreben, was ihn umso gefährlicher macht, selbst für seine eventuellen Gefolgsleute. Malgus Ziel wäre es die Zivilisation zur Barbarei zu drängen, um seine barbarische Art der Kriegsführung zu verwirklichen, doch genau das würde die Zivilisation zerstören und indirekt wäre das auch Malgus Absicht.

 

Um es etwas persönlicher und schmerzhafter zu machen, Malgus würde von seinen Akolythen wohl aus guten Grund verlangen ihre weltlichen Bindungen zu lösen, etwa indem man seine Freunde und Familie "opfert". Malgus hat ja auch seine Geliebte ermordet, um sich zu "befreien". Um Malgus seine Loyalität zu beweisen müsste man also mindestens sein love interest ermorden und dann vielleicht noch den Rest seiner Crew umbringen. Malgus wäre es so gesehen wohl nicht gelungen Anakin Skywalker zu Darth Vader zu machen. Meiner Meinung nach hat Malgus Philosophie mehr damit zu tun, dass man nichts mehr zu verlieren hat und seinen Schmerz auch anderen aufzwingen will, weil man glaubt dadurch Stärke beweisen oder zumindest testen zu können. Malgus wäre also die sehr kaputte Version Darth Vaders, der alles aufgegeben hat.