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Wie funktioniert das mit dem Kopfgeldjagen?

Star Wars stammt von Western ab, zumindest zum Teil und in The Mandalorian ist John Waynes Enkel sogar einer der Stuntman...

Ich bin hoffentlich nicht der einzige der sich schon einmal die Frage gestellt, wie Kopfgeldjäger in der Star Wars Galaxis überhaupt ihrem Handwerk nachgehen dürfen und auch wenn man sich diese Frage schnell mit "in Fantasy ist alles erlaubt" wegerklären kann, ich finde man darf sich trotzdem etwas genauer mit den Grundlagen von Fantasien beschäftigen. Begonnen hat alles daher im Wilden Westen oder eher gesagt unserer Vorstellung vom Wilden Westen, wie wir und George Lucas sie aus Western kennen. Es ist kein Wunder, dass The Mandalorian als "Kopfgeldjäger-Serie" sich klassischer Western-Motive bedient, denn gerade das Outer Rim war schon für George Lucas so etwas wie die Frontier aus dem Western-Genre. Hier kämpfen Farmer noch gegen die Elemente, Banditen und ebenso gesetzlos Geschäftsmänner, denn die Zentralregierung ist weit weg.

 

Der klassische Western basiert natürlich auch auf realen Begebnissen, denn Kopfgelder und Kopfgeldjäger gab es wirklich. Die Geschäftsgrundlage für diesen Beruf war und ist eine gewisse "Marktlücke" oder ein Markt-Ungleichgewicht, denn entweder flüchten Gesetzlose dorthin wo sie von staatlichen Behörden nicht mehr verfolgt werden können oder den Behörden fehlt schlicht und ergreifend das Personal, um flüchtige Verbrecher zu verhaften. Im Wilden Westen und genauso im Outer Rim fehlt es an staatlicher Infrastruktur und so gibt es kaum jemanden der sich dazu berufen fühlen würde einen Schmuggler von Tatooine festzunehmen und nach Corellia auszuliefern, solange er auf Tatooine noch kein verurteilenswertes Verbrechen begangen hat. Man kann sich natürlich fragen, warum Planeten wie Corellia keine Zielfahnder bereit halten, um flüchtige Kriminelle auch irgendwo im Outer Rim aufzustöbern? Tatsächlich gab es (zumindest in den Legends) Corsec-Agenten, welche durchaus über Corellia hinaus agieren konnten, doch der Einsatz in fremden Hoheitsgebieten stellte immer eine Herausforderung dar. In weniger gesetzestreuen Gegenden der Galaxis kommt zudem hinzu, dass Agenten von Kernwelten völlig ortsfremd sind und sich weder Kooperation einheimischer "Gesetzeshüter", noch auf zivile Helfer verlassen sollten. Die Lösung für dieses Problem ist simpel, man setzt ein Kopfgeld aus und stiftet so den gesetzlosen Haufen dazu an den gesuchten Verbrecher auszuliefern. So ein Kopfgeld spornt vielleicht auch einen Ordnungshüter im Outer Rim an seinen Job zu erledigen, für den er vermutlich ohnehin nur sehr dürftig entlohnt wird. 

 

Neben dem "staatlichen Auftrag" kann es aber auch Kopfgelder von Privatpersonen oder sogar Konzernen und Personengruppen geben, sodass es möglich scheint sich mittels eines Kopfgelds auch gegen die Aussetzung eines Kopfgelds wehren zu können. Um diesen Wildwuchs etwas einzuschränken etablieren sich auf Dauer immer wieder Organisationen wie etwa die Kopfgeldjägergilde, welche auch als Sicherheitsnetz fungieren. Neben Credits ist der Ruf eines Kopfgeldjägers des wichtigste Währung und Organisationen wie die Kopfgeldjäger-Gilde schaffen zwar gemeinsame Spielregeln, nach denen sich alle Teilnehmer richten sollen, sie helfen aber auch den Ruf und Status eines Kopfgeldjägers zu stärken. In SWTOR werden Kopfgeldjäger etwa durch die Kopfgeld-Vermittlungsgesellschaft oder nebulösere Organisationen wie die Veranstalter der Großen Jagd, das Büro der Mandalorianer auf Dromund Kaas oder die Verwalter der hochexklusiven Black List vermittelt. Vermittlungsorganisationen helfen Betrug zu vermeiden und das Kopfgeldjägergeschäft möglichst sauber zu halten, da ansonsten gleichzeitig los ziehende Kopfgeldjäger schlicht und einfach übereinander herfallen würden.

 

All das löst natürlich noch nicht das Problem, dass Kopfgeldjäger sich des Mordes oder zumindest Kidnappings schuldig machen. Ein langjähriger Kopfgeldjäger würde so wohl selbst eine Reihe von Kopfgeldern auf sich ausgesetzt sehen und zwangsläufig nicht mehr auf allen Welten seinem Handwerk nachgehen können. Für unregistrierte Kopfgeldjäger bzw. hoch lukrative, aber nicht-staatliche Kopfgelder mag das durchaus stimmen, aber der Job eines Kopfgeldjägers ist dem eines Söldners oder Freibeuters sehr ähnlich. Der Auftraggeber muss einem Sicherheiten garantieren, etwa die Straffreiheit. So definiert sich auch der Unterschied zwischen einem Freibeuter und einem Piraten dadurch, dass ein Freibeuter staatlich sanktioniert handelt und einen Kaperbrief (buchstäblich ein Freibrief) besitzt. Solange man im Rahmen seines Auftrags handelt und etwa keine französischen Schiffe plündert ist man vor Verfolgung durch die französische Flotte sicher. So macht man sich allerdings auch Engländer und Spanier zum Feind, jedenfalls für die Dauer dieses Exklusivvertrags, denn danach könnte man sich ja durchaus von einem englischen oder spanischen Gouverneur anheuern lassen. Es ist natürlich kein Wunder, wenn sich Kopfgeldjäger in der Zeit von SWTOR relativ exklusiv für eine der beiden Großmächte verpflichtet haben, denn nur so schützt man sich vor Vergeltungsaktionen nach vollendeter Arbeit. Ganz sicher ist man trotzdem nicht, wie der Kopfgeldjäger in seiner Klassenstory feststellen musste. Die Verfolgung des Kopfgeldjägers durch den Jedi-Orden und den republikanischen Geheimdienst macht deutlich, wie "die andere Seite" den Angriff auf ein republikanisches Kriegsschiff, die Ermordung republikanischer Soldaten und Offiziere, sowie die Tötung eines Jedi-Meisters als Anlass nehmen kann einen einfachen Kopfgeldjäger oder Söldner zum Staatsfeind zu erklären.

 

Der Vorteil für die Staatsmacht einzuspringen und sich ein offizielles Mandat verleihen zu lassen ist im Fall des Sith-Imperiums oder der Alten Republik schon jener, dass man innerhalb dessen gesamten Staatsgebiets agieren kann. In Shadow of Revan werden Schmuggler und Kopfgeldjäger daher am Ende der Kampagne auf Yavin 4 mit einer sehr ähnlich Immunitätsbescheinigung ausgestattet, die sie von der Strafverfolgung im jeweiligen Staatsgebiet schützt. Zugegeben, auf Seiten der Republik ist so ein Freifahrtschein für den Schmuggler zweifellos nützlicher, aber auch wieder mit lästiger Bürokratie verbunden - im Sith-Imperium darf man sich durch seinen neuen Status hingegen wie ein ranghoher Sith-Lord verhalten. Republikanische Bürokraten dürften versucht sein, Überschreitungen der Befugnisse des Schmugglers zu suchen, doch Imperiale? Darth Marr hat dem Kopfgeldjäger eine Carte blanche ausgestellt und der einzige der diese widerrufen oder einschränken könnte wäre Darth Marr. Selbst wenn Marr gewisse Verfehlungen seines Kopfgeldjägers zu Ohren kommen würden, er würde ihm wohl die lange Leine eines typischen Sith-Lords gestatten. Genauso ließe sich auch die Übernahme einer offiziellen Rolle in der Task Force Nova oder der Hand des Imperiums als Wiederherstellung dieses gewohnten Status sehen, nur dass diesmal nicht Darth Marr, sondern die Kaiserin höchstpersönlich das entsprechende Dokument unterzeichnet hat. Selbst der Dunkle Rat müsste Übergriffe durch den Hunter bzw. Jäger der Hand des Imperiums fürchten, denn er untersteht nur Acina (oder Vowrawn). Etwas schwieriger gestaltet sich die Lage für einen Allianzkommandanten, der de facto nur diplomatische Immunität beanspruchen kann.

 

Von einer derartigen Fix-Anstellung war man am Beginn seiner Kopfgeldjäger-Karriere noch weit entfernt, aber auch diese Anfänge waren nicht ganz so schwierig. Auf Nal Hutta wurde man in der Gestalt Bradens von einem erfahrenen Ex-Kopfgeldjäger unter die Fittiche genommen, der zudem das nötige Renommee besaß, um einem jungen Kopfgeldjäger selbst Aufträge vermitteln zu können. Bradens Crew hatte im Vorfeld der Großen Jagd außerdem die Gestalt eines Rennstalls oder Kopfgeldjäger-Büros, das auch noch andere Kopfgeldjäger vermitteln hätte können. So gesehen hatte man schon Glück, dass Braden zu diesem Zeitpunkt nur einen einzigen Rekruten für sein Geschäft gesucht hat. Vor dem späteren Champion der Großen Jagd hatte Braden jedoch auch schon mit Qyzen Fess gearbeitet, der sich nach einiger Zeit allerdings lieber wieder einer anderen Form der Jagd zuwandte. Bradens Mentoring zahlte sich allerdings vor allem für Mako aus, die selbst nach dem Verschwinden des Großen Champions zunächst mit Torian Cadera und schließlich mit Akaavi Spar ihrem "erlernten Beruf" einer Managerin/Agentin für Kopfgeldjäger weiter nachgehen konnte. Makos Rolle war dabei mehr als nur die eines Sidekicks, denn gerade Torian hatte kaum eigene Erfahrungen oder Connections als Kopfgeldjäger. Makos Aufgabe war es also Aufträge an Land zu ziehen und schon vorab Vorkehrungen zu treffen, dass diese in keinem Desaster endeten. Normalerweise wäre die Kopfgeldjagd für einen einzelnen Jäger höchst riskant, nicht nur hinsichtlich seines Überlebens, sondern auch weil die Möglichkeit besteht mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten und von seinem Auftraggeber über den Tisch gezogen zu werden. Gerade wenn man sich außerhalb eines durch eine Gilde oder einer Agentur gesicherten Rahmens bewegt mögen die Aufträge zwar lukrativer wirken (wobei auch kein fixer Anteil in die Tasche der Vermittlungsgesellschaft wandert), sie bergen aber auch mehr Risiken.