· 

The High Republic: Wie lange wird der Weg vom Märchen zum Drama?

Mit LIGHT OF THE JEDI beginnt die The High Republic-Saga noch sehr hoffnungsvoll und vor allem ohne einen Sith als Strippenzieher ins Spiel zu bringen, doch wie lange wird diese märchenhafte Ära andauern?

Außer der Ankündigung, dass THE ACOLYTE am Ende der High Republic Ära angesiedelt sein wird weiß man ja noch nichts allzu konkretes über diesen "Mystery-Thriller" mit schattenhaften Geheimnissen und Mächten der dunklen Seite, aber man kann vielleicht bereits spekulieren, dass uns diese Serie als Prequel zu den Prequels dienen wird. Vor langer Zeit gab es ja auch einmal Gerüchte über eine Serie mit einem jungen Palpatine, wobei diese Geschichte im Grunde durch den Roman DARTH PLAGUEIS erzählt wurde. Die Bezeichnung als THE ACOLYTE ließe bei der geplanten High Republic-Serie zumindest darauf schließen, dass die dunkle Seite eine wichtige Rolle spielen wird und damit vielleicht sogar die Sith. Der Plagueis-Roman könnte vielleicht Hinweise enthalten, aber erst ist nun eben nicht mehr kanonisch, auch wenn er einst noch in Zusammenarbeit mit George Lucas entstanden ist. THE ACOLYTE dürfte meiner Meinung nach eher in der Lebensspanne von Darth Plagueis angesiedelt sein und könnte sich mit einem Thema beschäftigen, dass sowohl in den JEDI QUEST-"Jugendromanen" der Legends bzw. auch in DARTH PLAGUEIS und dem zweiten Teil der DARTH BANE-Trilogie einst thematisiert wurde - es gibt zwar nur zwei Sith-Lords, aber auch noch andere Akolythen der dunklen Seite, die den Sith manchmal auch im Wege stehen, sonst aber gut dafür geeignet sind, vom Überleben des Sith-Ordens abzulenken.

 

Es ist ja auch nicht klar, wer der titelgebende Akolyth sein könnte. In den Legends gab es durchaus Persönlichkeiten wie Granta Omega oder den Adeligen Hetton, die einen Platz im Sith-Orden ergattern wollten. Granta Omega war dabei nicht einmal machtsensitiv, hegte aber trotzdem Hoffnungen auf einen Platz in der Sith-Hierarchie. Das Sammeln von Sith-Relikten und Artefakten der dunklen Seite war in den Legends eine lukrative Schwarzmarkt-Aktivität und es gab auch Historiker und Archäologen, die sich mit ihnen beschäftigten. Dank Doktor Aphra haben wir nun wohl auch ein kanonisches Gegenstück zu diesen. Der Jedi-Orden bemühte sich trotzdem möglichst alle ihm bekannten Artefakte zu beschlagnahmen und zu verwahren, wobei diese Sammlungen im Kanon nun als Bogan-Sammlungen bekannt und ein nur den ranghöchsten Jedi-Meistern zugänglicher Teil des Jedi-Tempels auf Coruscant sind. In DARTH PLAGUEIS muss sich der dunkle Lord der Sith nach dem Tod seines Meisters Darth Tenebrous allerdings auch mit potentiellen "Rivalen" herumschlagen, wie Darth Venamis dem Abkömmling oder Pseudo-Klon seines Meisters Darth Tenebrous. Geheime Schüler gibt es in Kanon und Legends zur Genüge, Beispiele dafür wären Asajj Ventress, Savage Opress oder sogar Darth Maul in den Legends (da Sidious gegenüber Plagueis behauptete ihn nur als Killer und nicht als Sith-Schüler auszubilden). Selbst in der Darth Bane-Trilogie bemühen sich beide Mitglieder der Regel der Zwei, am Ende von Darth Banes Karriere darum einen geeigneten Schüler zu finden. Während Darth Bane die machtsensitive Jägerin als Ersatz für Darth Zannah vorsah, versuchte Zannah den dunklen Jedi Set Harth (einen Sammler von allerlei Artefakten der dunklen Seite) als Schüler zu gewinnen, um ihren Meister Bane stürzen zu können. Set Harth ist vielleicht sogar ein passendes Beispiel für einen Jedi-Ritter der vom Weg abgekommen ist und seine Expertise als Reliquiensammler dafür nutzte ein bemerkenswertes Privatvermögen anzuhäufen.

 

LIGHT OF THE JEDI scheint ja bereits eine Art Sith-Artefakt einzuführen, aber es wird sich noch zeigen welchen Effekt dieses haben wird. Marchion Ros durch seine omniöse Großmutter übermitteltes Wissen über den Jedi-Orden und die Schwächen der Jedi-Ritter könnte auch auf eine mögliche Connection zur dunklen Seite hindeuten. Gerade die Stationierung der Jedi-Ritter im Outer Rim, für damalige Verhältnisse wohl auch der Rand der bekannten Galaxis, bietet noch andere mögliche Überschneidungen - es müssen nicht immer die Sith sein. Gerade im neuen Kanon kann man sich die Frage stellen, was andere prominente Organisationen der dunklen Seite zu dieser Zeit treiben könnten, wie die Nachtschwestern und die Nachtbrüder auf Dathomir oder auch die aus den Sequels bekannten Ritter von Ren, welche aus den Unbekannten Regionen stammen sollen, aber durchaus dorthin verbannt worden sein könnten. In den Legends gab es vor allem dank der Rollenspiele allerlei lokale Gruppierungen, die sich als Diener der dunklen Seite beschreiben lassen. So eine Organisation waren auch die von einem abtrünnigen Sith-Lord gegründeten Propheten der Dunklen Seite auf Dromund Kaas oder die aus missverstandener Sith-Ideologie entstandenen Jensaarai. Derartige Kultisten-Gruppen gehörten in Form der Krath und der Naddisten auch zu den Tales of the Jedi/Jedi-Chroniken, womit sie auch ein Teil der Ära der Alten Republik waren.

 

Jedi-Ritter die vom Weg abkommen müssen sich aber auch nicht unbedingt einer frisch kanonisierten coolen Truppe anschließen, sondern können auch auf sich allein gestellt zu einem Problem für ihre Jedi-Kollegen werden. Die Ereignisse in LIGHT OF THE JEDI  haben vielleicht bereits einige Jedi-Ritter massiv traumatisiert, wobei ich mir das bei einem gewissen von Marchion Ro inhaftierten Jedi-Meister sehr gut vorstellen kann. Andere leiden vielleicht unter den Erfahrungen der Schlacht von Kur (wie Meister Sskeer, der dort seinen Arm und seine Flügelfrau im Jedi-Geschwader verlor) und könnten sich gewaltsameren Methoden zuwenden. Die Verbrechen der Nihil sind noch lange nicht mit dem fortwährenden Leiden des Jedi-Ordens während der Klonkriege vergleichbar, aber ansatzweise könnten sich die Resultate sehr ähnlich sein, nur dass wir diese Schicksale diesmal in Romanform vielleicht etwas ausführlicher erforschen könnten. Loden Greatstorms Schicksal am Ende von LIGHT OF THE JEDI wäre allerdings auch vielleicht mit dem von Quinlan Vos in DARK DISCIPLE vergleichbar. Und dann ist da noch so manches Schicksal, dass uns ausgerechnet in Cavan Scotts Hörbuch DOOKU: JEDI LOST angeteasert wurde. Scott selbst ist einer der Autoren, welche in dieser Phase an The High Republic mitwerken werden und so könnte die Jedi-Padawan/Ritterin Keeve Trennis durchaus jene Meisterin Trennis sein, welche zu Dookus Lebzeiten eine der verlorenen Jedi war, welche aus dem Orden ausgetreten sind. Das muss natürlich nicht bedeuten, dass Meisterin Trennis eine Sith wurde, wie Dooku oder Anakin Skywalker (wobei nur Dooku offiziell als verlorener Jedi gezählt wurde, da Order 66 ja jeden aus den Weg räumte, der Anakin auf diese Liste gesetzt hätte). Keeve Trennis als Padawan des durch die Schlacht von Kur traumatisierten Sskeer könnte durchaus ein Schicksal erwarten, das nichts mit der dunklen Seite zu tun hat.

 

Was Dooku zum Austritt aus dem Jedi-Orden anspornte, war der bereitwillige Aufopferung des Jedi-Ordens für eine korrupte Republik, etwas das in der idealistischen Ära der Hohen Republik ja noch kein Problem zu sein scheint. Derzeit glänzt noch alles und die Mission der Jedi-Ritter das Outer Rim zu zivilisieren scheint noch frei von imperialistischen Untertönen. LIGHT OF THE JEDI hat diese dunkle Seite einer Expansion ins "unzivilisierte" Outer Rim jedenfalls noch ausgeklammert und selbst die Nihil werden rein auf ihre Rolle als skrupellose und gierige Bösewichte reduziert. Dass sich die Jedi also als Stoßtruppe für den republikanischen Kolonialismus benutzen lassen ist im Moment höchstens ein Aspekt, der in den Reviews zum Auftakt der neuen Ära angeschnitten wird. Die Hohe Republik und ihre Jedi sind noch wahre Idealisten, im Gegensatz zu den Jedi und der Republik die wir aus den Prequels kennen. Aber bis Episode I sind es noch rund 200 Jahre und da kann viel passieren. Irgendwann muss das ganze ja den Bach runter gehen, wenn die Anti-Sklaverei-Gesetze der Republik im Outer Rim nicht Fuß fassen werden. Und das Netzwerk der Starlight Beacons existiert 200 Jahre in der Zukunft auch nicht mehr. Wer sich also ganz der Dystopie verpflichtet fühlt wird früher oder später ohnehin bekommen was er sich von Star Wars wünscht und gewohnt ist - Happy Ends gibt es in der Saga höchstens für Einzelpersonen.

 

Etwas das mich schon die Ohren spitzen ließ (weil ich LIGHT OF THE JEDI bis jetzt nur als Hörbuch besitze) war die Erwähnung, dass Senator Izzet Noor von Serenno nicht bloß seinen Planeten, sondern fast das gesamte Outer Rim vertritt. Diese "Machtkonzentration" auf eine Person weckt bei mir durchaus Erinnerungen an Willhuff Tarkins Rolle als Großmoff/Gouverneur des Outer Rims. Serennos Rolle als Hochburg für Separatisten spielte bereits in der Darth Bane-Trilogie der Legends eine Rolle und in Dookus kanonischen Jugendjahren (wie in DOOKU: JEDI LOST beschrieben) spielte der Planet immer noch eine wichtige Rolle, sodass Dooku & Co im Rahmen einer PR-Kampagne der Republik oder des Jedi-Ordens auf Serenno eingeladen waren ihre Jedi-Künste vorzuführen. Dookus Vater als Herrscher des Planeten scheint jedoch kein großer Fan des Jedi-Ordens gewesen zu sein und das könnte nicht nur persönliche, sondern auch historische Gründe gehabt haben. Vielleicht geht das auch auf irgendein Ereignis aus der Hohen Republik zurück. Serenno selbst gehört zu den Welten die einst von den kanonischen Sith zurückerobert und ein Teil der Republik wurden. Izzet Noors Rolle als Schutzpatron des Outer Rim im Senat ist wohl ein Zugeständnis an die Macht dieser Welt, aber sie wirft auch die Frage auf, ob sich hier eine Rivalität mit der selbsternannten Perle des Outer Rim - Eriadu - verbirgt. Laut James Lucenos Roman TARKIN fühlt sich Eriadu wie eine Kernwelt, die ins Outer Rim gepflanzt wurde und daher auch nach einem entsprechenden Status strebt. Doch anders als die wahren Kernwelten der Republik ist Eriadu ständig mit den üblichen Bedrohungen im Outer Rim konfrontiert - Piraten, Plünderer und was sich sonst noch so herumtreibt. In Tarkins Generation fühlt sich Eriadu von einer weitgehend demilitarisierten Republik im Stich gelassen und dazu genötigt, nicht ganz den Gesetzen der Republik entsprechende Mittel zur Selbstverteidigung zu nutzen. In der Hohen Republik scheint es ja noch eine republikanische Verteidigungskoalition zu geben, die als Militär der Republik fungiert und trotzdem besitzt Eriadu auch zu diesem Zeitpunkt eine eigene Flotte. Ist man keine der Vertragswelten der Verteidigungskoalition? Natürlich kann TARKIN auch nur die Sichtweise Tarkins wiederspiegeln, die durchaus zu Gunsten Eriadus verzerrt sein kann. Vielleicht ist Eriadu auch gar nicht geneigt sich einer vergleichsweise schwachen Koalition anzuschließen, die ihr nicht den Schutz garantieren kann, den man durch eine eigene Flotte erreichen kann. Ich bin sehr gespannt, ob Eriadus Militarismus in der Hohen Republik noch eine größere Rolle spielen könnte, zumal es in den Legends ja Ranulph Tarkin gab, der als Eriadus Senator auf eine Remilitarisierung der Republik drängte und schließlich sogar eine von der Republik nicht sanktionierte Flotte aufbaute (die während des Stark-Hyperraumkrieges durch Sabotage vernichtet wurde). Die Familiengeschichte der Tarkins ist laut TARKIN so eng mit Eriadus Selbstverteidigungsbemühungen verbunden, dass es schon Generation vor dem späteren Großmoff namhafte Kommandeure namens Tarkin gegeben haben sollte - nur fehlt ein solcher noch in LIGHT OF THE JEDI, obwohl Eriadu in der Schlacht von Kur gegen die Nihil ausrückte.

 

Nachdem The High Republic Sana Starros zur Nachfahrin der Senatorin Ghirra Starros gemacht hat und die San Tekkas zu den Erben eines lukrativen Hyperraumrouten/Navigations-Imperiums macht bin ich fast ein wenig enttäuscht, dass ich unter den Politikern und Soldaten der Hohen Republik keine aus den Klonkriegen bekannte Namen finden kann. Tauchen die Valorums, Tarkins und Organas vielleicht noch später auf? In den Legends gab es selbst so etwas wie Jedi-Dynastien, deren machtsensitive Sprösslinge oft dem Jedi-Orden übergeben wurden. Beispiele dafür sind in der Alten Republik naturgemäß häufiger, ebenso wie in Luke Skywalkers Jedi-Orden, welcher in den Legends ebenfalls kein Problem damit hatte, dass Jedi Familien gründeten. Skywalkers, Solos, Sunriders, Draays und Horns außer Acht gelassen, es gab auch die Qel-Dromas oder die Familie Plo Koons, dessen Nichte sogar Order 66 überlebte, nur um Darth Vader später zum Opfer zu fallen. Aber vielleicht ist zumindest Finn ein Nachkomme von Meisterin Trennis, da sie den Jedi-Orden ja verlassen hat und sich vielleicht irgendwo im Outer Rim niederließ, wo über 200 Jahre später einmal durch die Erste Ordnung Kinder entführt werden. Die LEGACY Comics spielten auf andere Weise auch einst mit dem Konzept "Familientraditionen" und Stammbäume fortzuschreiben, sodass obskure Nebencharaktere bedeutende Nachfahren haben konnte wie Antares Draco. Andere Protagonisten-Familien wie die Antilles überlebten hingegen nur in Form eines Nebencharakters, wie Lieutenant Ona Antilles. Zumindest soll für die Starros-Familie laut Autorin Justina Ireland geplant sein einen vollständigen Story-Arc zu erzählen, der die Starros von Politikern und Wissenschaftlern bis zur Schmugglerin Sana Starros führen wird.