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Wieso gibt es keine imperiale Mafia?

Es ist ein etabliertes Klischee, dass so mancher KGB-Agent nach dem Fall der Sowjetunion mit seiner Skrupellosigkeit zum reichen Oligarchen oder ebenso vermögenden Mafia-Paten werden konnte, wieso also nicht auch Ex-Agenten des Imperialen Geheimdiensts?

Der Fallout nach der temporären Auflösung des Imperialen Geheimdienstes kurz vor der Schlacht von Corellia wäre ein Relikt der Klassenstory des Imperialen Agenten, das man durchaus für künftige Story-Arcs nutzen könnte. In Shadow of Revan wurde zwar endlich der Sith-Geheimdienst gegründet, doch wirklich haben wir nie Einblick erhalten was hinter den Kulissen mit dem ganzen Personal geschehen ist. Ich kann hier auch nur einige uralte Informationen anführen, wie einen NPC aus dem ersten Chevin-Event, der davon sprach die Geheimdienstler wären den unterschiedlichen Mitgliedern des Dunklen Rats zugeteilt worden. Aus Shadow of Revan wissen wir durch die Agenten-Klassenmission auf Rishi zumindest, dass Shara Jenn nach Corellia verschwunden ist und dass der einstige Geheimdienst-Minister ihre Rettung in die Wege leitete. Der Minister will Shara Jenn jedoch nicht bloß retten, sondern er hat für seine eine Deprogrammierung geplant, mit der sie von ihrer extremen pro-imperialen Konditionierung befreit werden soll. Die Wächter des Imperialen Geheimdienstes waren ohnehin ein Spezialfall, da sie Produkte eines Eugenikprogramms waren, das seither nie wieder Erwähnung fand. Kenner der Dune-Romane Frank Herberts sehen in den Wächtern vielleicht auch so etwas wie das SWTOR-Äquivalent eines Mentats, eines menschlichen Supercomputers. Dass dieses Programm aufgegeben worden sein soll würde mich überraschen, da sich das Imperium ja nicht komplett geändert hat. Die Probleme mit der Konditionierung und fehlender geistiger bzw. moralischer Flexibilität der Wächter lassen sich zwar wohl nicht vermeiden, aber ihre "Denkleistung" wäre mit kybernetischen Implantaten wohl noch verstärkbar. Es gibt sogar derartige Hirnimplantate wie man sie vom Schleier bzw. Lando Calrissians rechter Hand Lobot in Episode V kennt - das konkrete Item ist sogar im Kartellmarkt verfügbar und der Einsatz derartiger Implantate spielte sogar schon in Star Wars Rebels eine Rolle, da Palpatines Imperium so seine Analysten aufrüsten ließ, wobei diese noch keine Produkte eines Eugenikprogramms waren, das durch gezielte Genmanipulation dafür gesorgt haben könnte, dass Implantatträger umso weniger Probleme mit diesen haben. Nachdem die Serie bzw. der Buchzyklus The Expanse auch schon mit dem Konzept gespielt haben, dass man durch eine Art Lobotomie moralische Bedenken aus seinen Wissenschaftlern entfernen und so völlig skrupellose Denker erschaffen könnte wäre ich geneigt zu behaupten, dass die Idee eines derartigen Verunmenschlichung durchaus ein interessantes Science Fiction-Thema wäre.

 

Im Zusammenhang mit der ehemaligen Wächterin #2 denke ich aber auch an Wächter #1 aus der Klassenstory des Jedi-Ritters, da man ihn auf Taris durchaus am Leben lassen kann, woraufhin er das Sith-Imperium verlässt und sich im Privatsektor einen neuen Job sucht. Wächter 1 müsste genauso wie Shara Jenn/Wächter 2 ein Produkt des Eugenikprogramms des Sith-Imperiums gewesen sein, er muss aber nicht genauso konditioniert sein, da auch Wächter 3 im Endeffekt nur ein zum Wächter beförderter untergeordneter Analyst und kein menschlicher Supercomputer war. Dass sich Wächter 1 einfach so vom Sith-Imperium verabschieden kann ist mehr als Wächter 2 konnte, weshalb er wohl doch kein oder nur ein unzureichend konditionierter Wächter vom gleichen Schlag war. Trotzdem ist es interessant, dass die Option eines Jobs in der Privatwirtschaft für ihn in Frage kam. Jagte der Imperiale Geheimdienst seine Deserteure denn nicht bis ans Ende der Galaxis oder war Wächter 1 so gut darin, dass er seine Spuren selbst vor seinen Kollegen verwischen konnte? Unabhängig davon, mit dem Zusammenbruch des Imperialen Geheimdienstes war es Ex-Agenten wie ihm wohl ohnehin möglich dauerhaft zu verschwinden und der Sith-Geheimdienst scheint sich unter Lana Beniko zunächst auch mit anderen Problemen beschäftigt zu haben.

 

Ob nun im Dienste Czerkas, der Hutten oder anderer krimineller Organisationen, imperiale Ex-Agenten haben ein solides Set an Soft Skills auf ihrer Seite. Zunächst einmal wäre da die Mehrsprachigkeit, die sie in ihren imperialen Karrieren als Analysten oder als Agenten im Außendienst zweifellos benötigt haben. Sie sprechen also buchstäblich auch die Sprache der Hutten und anderer potentieller Dienstgeber. Als Produkte der imperialen Gesellschaft oder auch ihres Geheimdiensttrainings sind sie zudem in den meisten Fällen auch kaltblütig genug veranlagt, um keine Probleme mit moralisch fragwürdigen Jobs zu haben. Vor allem die nach der Invasion durch Zakuul aufgetretenen Rohstoffengpässe innerhalb des Sith-Imperiums könnten durchaus dazu geführt haben, dass die Korruption innerhalb der imperialen Institutionen zugenommen hat. Für im Schwarzmarkt sehr aktive Organisationen wie die Exchange wäre es da natürlich höchst praktisch Insider in ihren Reihen zu haben, die mit korrupten Bürokraten umgehen können bzw. in der Lage sind diese zu identifizieren und zu erreichen. Was gerade in Vanilla SWTOR ein wiederkehrendes Thema für die Republik war könnte nun auch das Sith-Imperium betreffen, imperiale Quartiermeister könnten ja auf die Idee kommen eine Kiste Granaten für eine Flasche corellianischen Brandy und gestohlenen Proviant einzutauschen. Waffen dürften aus dem Nachlass des Ewigen Imperiums eigentlich genügend im Umlauf sein, während Nahrung laut Major Anri derzeit knapp ist. 

 

Im Kopfgeldjagd-Event wird Dromund Kaas nicht ausgenommen, denn auch hier gibt es einen kriminellen Boss, der sogar ein Sith-Lord ist und im alten Tempel zur Strecke gebracht werden muss. So gesehen wären auch Sith nicht vom Korruptionsverdacht ausgenommen, zumal ja auch nicht jeder Sith völlig weltfremde Ziele verfolgt oder wie der ultimative Bösewicht in einer finsteren Höhle haust. Manche Sith sind auch wie Darth Vowrawn und schätzen das gute Glas Wein in ihrem Penthouse mitten in Kaas City. Es ist ja auch nicht jeder Sith freiwillig in die Sith-Akademie eingetreten und manchen fehlt ohnehin das Potential zum nächsten Sith-Imperator. Idealerweise würde der Sith-Geheimdienst auch gegen solche innere Bedrohungen vorgehen, doch im neuen Dunklen Rat wurden Justiz und Wirtschaft zu einem einzigen Ratssitz fusioniert, sodass Darth Vowrawns Superministerium in der Praxis Anti-Korruptions-Kampagnen auch blockieren kann, selbst wenn es sie selbst veranlasst hat, sollte ein ranghoher Beamter oder Sith-Lord sich dadurch selbst schützen wollen. Die Kultur der gegenseitigen Sabotage unter den Sith würde das Entstehen von korrupten und kriminellen Machtbasen innerhalb von Vowrawns Machtbereich zusätzlich begünstigen. So gesehen ist das Sith-Imperium wohl verloren oder es steckt zumindest in einer Krise, denn die existierenden Versorgungsprobleme werden so weiter verschärft. Die imperiale Praxis Staatsmonopole zu errichten und zu erhalten wird auf Dauer zum Problem werden, weil die imperialen Eliten irgendwann nicht mehr zusammenarbeiten werden und den Niedergang des Sith-Imperiums besiegeln werden. Für die Republik mag das nach einem günstigen Sieg aussehen, aber wie im Fall der Sowjetunion muss man sich die Frage stellen, ob es nicht klüger wäre einen Rumpfstaat aufrecht zu erhalten, damit die teils radioaktiven Trümmer des Staats nicht alle Richtungen fliegen. Das Sith-Imperium besitzt zwar kein sowjetisches Atomwaffenarsenal oder Biowaffenlabore, dafür aber allerlei andere ähnlich toxische Geheimwaffen. Will man riskieren, dass sich irgendwo ein imperialer Kriegsherr mit Silencer-Superlasern eine Diktatur aufbaut, die jeden republikanischen Befreiungsversuch schon im Anflug pulverisiert? Vor allem wären die Sith selbst ein Gefahrengut, das man idealerweise nicht durch die gesamte Galaxis verteilen sollte.

 

Als Arcann nach seinem Triumph über die Sith und die Republik verordnete, dass beide ihre Streitkräfte reduzieren müssen schuf er so wohl auch eine Situation in der weniger loyale Imperiale beschäftigungslos wurden und nun ihr Glück als Söldner suchen konnten. Nach dem Untergang des Ewigen Imperiums besitzen die Sith noch lange nicht die Mittel diese Söldner wieder "zurückzukaufen", sodass sich imperiale und republikanische Söldner auch gemeinsam im Dienst eines Hutten oder anderer Gangsterbosse finden können. Ich würde ja mit einem Revival für die Regulatoren rechnen, da diese laut ihrer Lore auf Makeb auch vorwiegend Veteranen aus dem Großen Galaktischen Krieg rekrutiert haben. Auf Makeb wurden die Regulatoren zwar fast zerschlagen, aber jene die rechtzeitig evakuiert wurden könnten die Truppe am Leben gehalten haben, zumal Makeb ja wahrscheinlich nicht das Hauptquartier der Organisation war bzw. womöglich auch nicht ihr einziger Einsatzort. Natürlich kann die Republik wegen der Kriegsverbrechen der Regulatoren soweit gegangen sein ihre Auflösung zu fordern bzw. Prozesse gegen das Management zu eröffnen, aber wie im Fall gewisser Söldnerfirmen à la Blackwater (oder in-universe auch wie im Fall von Czerka) kann sich die Firma unter neuen Namen einfach neu registriert haben. Piraterie soll mittlerweile ohnehin ein großes Problem in der Galaxis sein, da bestünde dann auch eine ausreichende Nachfrage nach Söldnern, um die galaktischen Handelsrouten zu schützen. Die verschiedenen Querverbindungen zwischen Söldnern, ihren einstigen Kollegen und Piraten im Dienst der Großmächte lassen interessante Konstellationen erahnen, in denen ex-imperiale Söldner etwa Schutzgeld von Welten erpressen könnten, die sonst von imperialen Freibeutern überfallen werden. Die Idee eines solchen Szenarios ist zumindest einem ehemaligen BioWare Chef-Autor schon gekommen, denn Alexander Freed (Chef-Autor bis in die 2.0 Ära und einst Autor der Klassenstory des Imperialen Agenten) hat in seiner Alphabet Squadron-Trilogie mit Nath Tensent einen ex-imperialen Y-Wing-Piloten geschaffen, der vor seinem Wechsel zur Rebellion als TIE-Fighter-Pilot noch im Bund mit Piraten Schutzgeld von imperialen Transportunternehmen erpresst hat. Tensent stand, so nebenbei gesagt, nach seiner Auszeit von der Rebellion auch auf der Gehaltsliste des Geheimdienstes der Neuen Republik. Abgesehen von Andronikos Revel, der nach seiner Karriere als republikanischer Pilot zum Piraten und schließlich Chaffeur eines Mitglieds des Dunklen Rats wurde haben wir in SWTOR leider noch keinen "Piloten-Gefährten", was angesichts der Geschichte des Star Wars-Franchise und seiner legendären Raumjäger-Asse irgendwie überraschend ist. Selbst nach GSF und der Cross-Promotion mit Star Wars Squadrons tauchen Raumjäger in der Story zwar immer wieder und nun auch häufiger auf (etwa auch im Kampf um die Spirit of Vengeance II), aber dieser Aspekt des Star Wars-Mythos wird in meinen Augen nicht genügend zelebriert. Dabei wäre Charles Boyd als Creative Director dem ganzen wohl aufgeschlossen, da er ja einst als Autor der Trooper-Klassenstory Conrad Gall und seine Dagger Wing erschaffen hat. Dagger Wing sollte zumindest einen Cameo wert sein, nun da sich Kanzlerin Galena Rans auch als ehemalige republikanische Bomber-Pilotin geoutet hat. Eine Raumjägerstaffel als unterstützende Spezialeinheit für Missionen des Spielers wäre meiner Meinung nach durchaus mit der Story vereinbar. So oft wie man praktisch solo unterwegs ist, um eine Welt oder die Galaxis zu retten könnte sich Luftunterstützung durchaus lohnen, ohne dass einem diese den Ruhm streitig macht. Ich hätte aber auch nichts gegen ein parallel zu mir arbeitendes Sonderkommando wie die Delta- oder Omega-Squad von den Republic Commandos, Clone Force 99 (The Bad Batch) oder auch Major Pierces alte Truppe einzuwenden. Wenn Tanno Vik als Ex-Mitglied von Havoc Squad eine Karriere als Waffenhändler einschlagen kann, dann sollte es doch auch ehemalige Black Ops-Soldaten des Sith-Imperiums geben, die genug von Sith-Politik haben.

 

Nun da die Hand des Imperiums existiert und dabei helfen sollte Korruption innerhalb der Bürokratie des Dunklen Rats zu umgehen besteht auch die Möglichkeit, dass die Hand ehemalige imperiale "Assets" anwirbt und für sich nutzt. Dass diese überhaupt existieren mag auch daran liegen, dass es für Sith immer schon sinnvoll war Agenten auf ihrer Seite zu haben, die nicht oder nicht mehr Teil der offiziellen Machtstrukturen sind. Darth Baras nutzte für die Anschläge auf einige seiner Rivalen ja auch seine unter den Jedi und in der Republik platzierten Doppelagenten. Ex-Imperiale können nach vollbrachter Arbeit einfach wieder verschwinden und müssen nicht fürchten von Vorgesetzten verhört oder degradiert zu werden. Sehr praktisch wird das wenn Sith in ihren Machtkämpfen Attentäter einsetzen, die zwar das gesamte imperiale Knowhow besitzen und sich als Einheimische bewegen können, de facto aber nicht greifbar sind. Wer nicht mehr auf der imperialen Gehaltsliste steht gehört auch nicht mehr zu einer bestimmten Machtbasis oder muss sich Vorgesetzten unterordnen, die womöglich wieder einer anderen Machtbasis angehören. So ließen sich theoretisch auch Anhänger auf die Seite schaffen, sofern man es sich leisten kann seine Machtbasis selbst bezahlen zu können. Was dann jedoch fehlen kann ist der Einfluss innerhalb der regulären Streitkräfte und Bürokratie. Es müssen auch nicht Sith sein, da Großadmiral Harridax Kirill in der Klassenstory des Schmugglers auch versucht hat sich eine persönliche Machtbasis aus Piraten, Schmugglern und Waffenhändlern aufzubauen, die nicht zum Sith-Imperium gehörten und daher nur ihm gegenüber loyal waren. Für Großadmiral Kirill war das notwendig, weil er als nicht-imperialer Quereinsteiger mit Verschwörungen und Insubordination der ihm untergebenen imperialen Karriereoffiziere zu ringen hatte.