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Jubiläumsrückblick: SWTOR - First Class

Die erste Klasse und der erste Charakter den man gewählt hat ist immer etwas besonderes und auch wenn er irgendwann im Hintergrund verschwindet, er bleibt etwas besonderes...

Einer der SWTOR-Momente die sich mir regelrecht eingebrannt haben war der Tag an dem ich meine erste Klassenstory abschließen konnte und dass war vor mehreren XP-Anpassungen, ohne Boosts aus dem Kartellmarkt, Vermächtnis usw. noch eine wirklich zähe Angelegenheit, für die man fast den gesamten solobaren Content brauchte (auch um Level 50 zu erreichen). Über die Jahre wurde alles einfacher, doch der Schweiß und die Tränen die ich in meinen ersten Charakter gesteckt habe lassen mich nicht daran zweifeln, dass mein allererster Powertech-Kopfgeldjäger etwas wirklich besonderes war, auch wenn ich seine Klasse am liebsten gleich gegen einen Söldner eingetauscht hätte. Fakt ist, nach kurzem Herumexperimentieren mit anderen Klassen habe ich seinerzeit eine Söldnerin gestartet und bis in die 30er oder 40er gelevelt, bevor ich zum damals üblichen Plan überging die 8 Charakterslots auf meinem Server doch mit den 8 verschiedenen Klassen zu füllen. Was hat mich aber ursprünglich dazu verleitet als Kopfgeldjäger zu starten und dabei einen Powertech zu wählen?

 

Ahnungslosigkeit! Zumindest in Hinsicht auf die Klasse und ihre Spielweise. Meine MMO-Erfahrungen vor SWTOR waren praktisch nicht existent und so habe ich meine ursprüngliche Wahl eines Mains allein anhand von Marketingmaterial getroffen, der Powertech versprach mit Gadgets und einem Flammenwerfer ein wandelndes Arsenal zu sein. Was mir allerdings bald fehlte waren Dinge wie der cc des Söldners oder dessen Schadensoutput. Ich wollte, weil uninformiert und dazu überredet als Schildtech tanken, was jedoch bei den meisten Dailies und im Solobetrieb einer ziemlichen Benachteiligung gleich kam. In einer Zeit als der Gefährtendmg noch von deren Equip abhing und selbst der Heldenmoment noch bis 1.2 auf sich warten ließ, hätte mir das PT-Tank-Gameplay eigentlich den Spaß verderben müssen. Als ahnungsloser Tank wusste ich damals aber zumindest eines, Plasmatech wäre mir als Skillbaum lieber gewesen und ich habe es zumindest während des Levelns auf Voss damals sogar probiert, weil mir bei einem der Bosskämpfe tatsächlich der Schaden fehlte. Meine erste Arsenalsöldnerin schlug sich jedoch in so vielen Situationen einfach besser, dass mich nur mein Wunsch im Endgamecontent nützlich zu sein den PT als ersten Main beibehalten ließ. Full Columi equipped zu werden war mein erstes Gearingerfolgserlebnis und fast hätte ich es auch geschafft an das volle Rakata-Set (die Haupt- und Nebenhand wurden zum Problem) zu kommen, weil ich mich meiner Erinnerung nach mit den anderen Tech-Klassen um die Bausätze streiten musste. Der Tankdmg hatte da weniger Priorität als jener für DD oder die mit verbesserte Heilung, die ein Sabo oder Söldner so erreichen konnten. Im 1.0 Balancing lag außerdem eh einiges im Argen und meinen ersten Ewige Kammer oder Karaggas Palast Nim-Clear konnte ich erst 2013 erreichen, dann jedoch mit einem Hexer-Heiler und Söldner-DD.

 

Soviel zur Erweiterten Klasse, aber das hat alles noch nichts über meine Beweggründe verraten, mir einen Kopfgeldjäger auszusuchen, wenn es doch auch vier Lichtschwertklassen gab. Als SWTOR angekündigt wurde habe ich mich damals gleich bei der ersten Möglichkeit registriert, um vielleicht in die Beta einsteigen zu können. Das wurde allerdings nichts und so konnte ich auch erst beim offiziellen Open Beta-Wochenende einsteigen, wobei ich mir um mit Freunden zu leveln auch einen Sith-Krieger  auswählte (damals konnte man seine Erweiterte Klasse erst mit Level 10 auf der Flotte festlegen). Das Imperium zu wählen war eine Entscheidung, die also eher damit zu tun hatte, was die anderen tun würden. Meine Entscheidung für den Beta-Test war aber nicht das, was ich im Live-Betrieb vor hatte, zumal es bei der Beta noch um das gemeinsame Leveln ging und ich im Pre-Release (vorzeitigen Spielzugang) ohnehin einen Vorsprung gegenüber meinen Freunden hatte, da ich das Spiel auf das ich Jahre gewartet habe (die offizielle Ankündigung hat mich am 27.10.2008 auch zu meinem ersten SWTOR-Blogposting angeregt) natürlich auch möglichst früh vorbestellt hatte. Als einige Jahre später die 8 Klassen angekündigt wurden war ich zwar bereit auf der Seite des Imperiums zu kämpfen, aber meine Loyalität müsste sich das Imperium verdienen. Ich hatte keine Ahnung wie strikt die Fraktionseinteilung sein würde, also dachte ich mit einer vergleichsweise "neutralen" Klasse wie dem Kopfgeldjäger am ehesten in der Lage zu sein, frei mein Schicksal bestimmen zu können, wobei das für mich auch ein zentraler RP-Gedanke wurde. Ich wollte schlicht und ergreifend frei sein, um mir mein Gameplay mittels RP-Szenarien selbst zurecht biegen zu können, etwas das ich hin und wieder auch bei anderen Nicht-RPGs zu tun pflegte. In SWTOR klingt es halt weniger obskur, wenn ich sage ich habe mir einmal eine Charakter-Biografie ausgedacht, obwohl ich diesen "Charakter" nur im PVP nutze. Wäre wohl anders, wenn ich zugeben würde, dass ich auch mal damit herumgespielt habe mir Charakter-Biografien für Multiplayer-Matches in Battlefield oder CoD auszudenken. Ich tue mir einfach leichter damit für XP oder irgendwelche Token zu grinden, wenn mein Charakter mehr als ein namenloser Avatar ist und einen egal wie weit her geholten Grund hat seiner Mission nachzugehen.

 

Auf republikanischer Seite hätte ich mich wohl für einen Schmuggler entschieden, allerdings wählte ich als ersten republikanischen Charakter später doch einen Trooper. Der Grund dafür liegt wohl entweder in meiner Vergangenheit mit Military Sci-Fi-Serien wie Stargate oder weil mich die Erklärung von Spiegelklassen dazu brachte die Spiegelklasse meines Kopfgeldjägers einem Schmuggler vorzuziehen. Let's Plays des Early Gameplays und allerlei Ankündigungen ließen es vor dem Launch zwar nicht so aussehen, als ob man als Kopfgeldjäger oder Trooper zum nächsten Commander Shepard werden könnte, doch irgendwo hatte sich diese Vorstellung bei mir als Mass Effect-Fan (vor allem von Mass Effect 2, das einen ja auch irgendwie zu einem Kopfgeldjäger machte) in meinen Hinterkopf festgesetzt, dass man auch als unscheinbare Tech-Klasse einiges erleben wird. Hutta lernte ich daher auch zunächst aus einem dieser Videos kennen, das den Prolog der Kopfgeldjäger-Story als Beginn der Großen Jagd vorstellte. Anstatt Sith-Machtkämpfen auf Korriban oder irgendwelchen Jedi-Missionen stand auf Hutta das Töten von Zielen und die Registrierung als Teilnehmer bei der Großen Jagd im Vordergrund, ein klares Ziel also, man sollte sich einen Namen machen. In der Theorie sprach mich das damals mehr an, aber da hatte ich halt auch noch nie einen Fuß auf Korriban oder Tython gesetzt.

 

Ich war nie ein großer Boba Fett-Fan, aber was mich gerade am Powertech-Kopfgeldjäger in seiner Vor-Release-Darstellung faszinierte (es gab auch entsprechende Promo-Videos zu den Skillbäumen und Erweiterten Klassen) waren die Ähnlichkeiten zu meinem langjährigen Lieblingshelden des Marvel-Universums: Iron Man. Ein Jetpack, irgendwelche Handgelenkslaser, Raketen? Traumhaft. Aber da wusste ich auch noch nicht, dass man mit dem Jetpack nicht wie mit einem Mount herumfliegen konnte. Beim Launch und während des Beta-Wochenendes hielt SWTOR so einige Überraschungen für mich bereit.

 

Da man seinerzeit noch Tage brauchte um Level 50 zu erreichen (die Entwickler hatten 2011 sogar noch eher damit gerechnet, dass die Spieler mehrere Wochen für eine einzige Klassenstory brauchen würden) erlebte ich ausgerechnet als Kopfgeldjäger noch die Gear-Progression mit (bis zum finalen wirklich mandalorianischen Outfit im obigen Screenshot vom 31.12.2011). Als Kopfgeldjäger machte es ungemein viel Sinn immer bessere Ausrüstung zu suchen, zu finden und dann auch einzusetzen, weil diese ein direkter Ausdruck der Leistungsfähigkeit eines Kopfgeldjägers zu sein schien. Umso gepanzerter und mandalorianischer, umso mehr war man angesichts der Stats dieser Items auch für den Endgame-Content geeignet. Leider schienen die damaligen Endgame-Sets (Tionisch, Columi und Rakata) nicht ganz zum gewohnten Star Wars-Stil zu passen, da wäre ich lieber bei meiner vertrauten mandalorianischen Rüstung geblieben, mit der ich die Klassenstory und Corellia abgeschlossen hatte. Was es anno 2011 bzw. 2012 auch schwierig machte, war der Umstand, dass man pro Klasse immer nur einen Heiler-Gefährten und 2 DD-Gefährten hatte, die außerdem den gleichen Gear-Beschränkungen unterlagen wie der Spielercharakter. Als Kopfgeldjäger hatte ich da noch Glück, weil Torian Cadera als DD-Gefährte (für einen Powertech-Tank) in Frage kam und auch schwere Rüstung, sowie einen Generator in der Nebenhand tragen konnte. Allerdings besaß ich als Tank ohnehin schon kaum DD-Gear und so lief Torian dann auch mit ausgemusterten Teilen meines Tank-Sets herum. Problematischer war es für mich Mako als Heiler-Gefährtin zu equippen, da sie auf mittlere Rüstung angewiesen war und ich somit Gear für sie auftreiben musste. Anderen Klassen erging es da noch übler, da sich eine Jaesa Willsaam etwa nur mit leichter Rüstung ausstatten ließ, die weder Maros, noch Jugger weiter reichen konnten. Die Vanilla-Ära war auf jeden Fall eine der eingeschränkten Möglichkeiten, nicht nur weil 2 pro Klasse nur einen Heiler, 2 Tank und 2 DD-Gefährten gab, sondern eben auch weil diese umständlich zu equippen und somit nützlich gehalten werden mussten. Generell fielen manche Gefährten als Optionen sogar unter den Tisch, weil der Aufwand für sie zu groß wurde. Als Powertech-Tank hatte ich etwa keine Verwendung für Skadge oder Blizz (beides Tank-Gefährten), obwohl ich Blizz gerne verwendet hätte. In der Beta soll es dessen ungeachtet jedoch einmal möglich gewesen sein, auf Gefährten zu verzichten. Das macht storymäßig mehr Sinn als hinsichtlich des Gameplays, denn dass man Skadge auf Belsavis versauern oder Blizz in einer Zelle auf Hoth lässt scheint möglich und gerade bei Gefährten wie Gault hätte ich mir durchaus gewünscht ihn statt seines Klons auszuliefern. Der bis 4.0 ziemlich nutzlose Schiffsdroide konnte in Vanilla-SWTOR zwar keine Waffe tragen, aber zumindest heilen und irgendwie hätte er wohl in Beta-Zeiten die Rolle der verworfenen Gefährten einnehmen können.

 

Anno 2011 waren die Gefährten noch etwas, das bei meiner Entscheidung für den Kopfgeldjäger jedoch überhaupt keine Rolle spielte. Aus anderen BioWare-Spielen war ich es zwar gewöhnt, dass Gefährten rekrutierbar werden und diese oft auch eine Art Klasse verkörpern, aber dass die Klassenfunktion in SWTOR zunächst für mehrere Jahre so wichtig war irritierte mich doch etwas. Zumindest konnte man "theoretisch" jeden Tank- oder Heiler-Gefährten auch auf einen "DD-Modus" umstellen, der allerdings längst mit keinem echten DD-Gefährten mithalten konnte. Verbesserungen gab es diesbezüglich erst mit der Einführung von Treek, die zwischen einem seinerzeit unübertroffenen Tank-Modus (Treek erzeugte als Tank nebenbei Heilung) und einem vollwertigen Heil-Modus wechseln konnte, wofür sie meiner Erinnerung nach aber auf die DD-Option verzichtete. Treek war op, gerade wegen der erzeugten Heilung und weil sie alle anderen Tank-Gefährten in Sachen Threat-Generation übertraf. So wurde diese abenteuerlustige Ewok-Dame 2013 auch zur Stamm-Gefährtin für meine ersten echten DD-Charaktere, wie meinen Söldner und Hexer (wobei ich den Hexer bis dahin in PVP und PVE auch gerne als Heiler verwendet habe). 

 

An meine erste Klassenstory zurückzudenken erinnert mich auch daran, wie SWTOR vor der F2P-Umstellung und den Maßnahmen der folgenden Jahre, um es F2P-Spielern zu ermöglichen den gesamten Vanilla Content + einen Teil der Addons zu erleben, anfangs vor allem die Prologe der Klassenstories (Korriban, Tython, Hutta und Ord Mantell + Dromund Kaas und Coruscant) als Werbemittel benutzte. In der Vanilla-Ära warb man nicht damit was in Akt III einer Klassenstory passieren wird (SPOILERGEFAHR!!!!11!!eins), sondern was man am Beginn seiner Geschichte erlebt. So gesehen kann man auch einen falschen Eindruck vermittelt bekommen, wenn man als Agent etwa noch um die Gunst eines Hutten buhlt oder als Sith-Krieger für Aufseher Tremel gegen Vemrins Clique ankämpft. Der Prolog ist nicht immer das, was eine Klassenstory ausmacht und es wäre auch irgendwie schade, wenn so ein Prolog schon der Höhepunkt gewesen wäre. Gerade Jedi-Botschafter litten wegen ihres eher spannungslosen Plots auf Tython darunter, dass sie von einem sehr lauten Teil der Community einige Zeit als die uninteressanteste Klassenstory eingestuft wurden. Der Botschafter auf Tython machte es sich aber auch nicht leicht, da man einen sehr ähnlichen, aber weniger ausgefeilten Plot verfolgte, wie der Jedi-Ritter. Im Vergleich mit Bengel Morr schneidet Nalen Ranoch als Antagonist nun mal schlechter ab. Anhand der Starterplaneten habe ich 2012 dann auch entschieden mit welchen Klassen ich weiterspiele, allerdings gab es nach dem Release auch einige Blogs und Let's Plays, die schon für bestimmte Klassenstories zu werben begannen, gerade wegen spannender Entscheidungen innerhalb des weiteren Verlaufs. Und trotzdem habe ich im Jänner 2012 zunächst eine Söldnerin gestartet, ehe ich auf einem zweiten Server (meine Idee war es die 8 imperialen und 8 republikanischen Erweiterten Klassen auf je einem Server unterzubringen - mehr Slots hatte man pro Server anfangs auch nicht) doch einen Frontkämpfer durch Akt I seiner Klassenstory prügelte. Der blieb dann aber auch ziemlich lange auf Level 30 stehen und wurde zu einer der letzten Klassenstories die ich im Sommer 2012 abgeschlossen habe. Da war ich aber auch schon bei meinem Sith-Attentäter als neuen Main angelangt und hatte Powertechs und Frontkämpfer abgeschrieben.

 

Dass ich mich von Tanks als Mains verabschiedet habe hat lange gedauert und mein Powertech geriet so für Jahre in Vergessenheit. Selbst als ich dann doch einen Pyrotech aus ihm machte war mir klar, dass ihn das nicht retten wird. Söldner/Commandos spielen sich für meinen Geschmack einfach weit besser, was mir im Grunde schon seit meiner gecancelten Söldnerin in der Vanilla-Ära bewusst war. Aber was mir seinerzeit fehlte war die Zeit. Heute mag ich ein Vermächtnis mit zig Charakteren haben, damals war Leveling jedoch noch viel anstrengender und ich kämpfte die ersten Monate zunächst darum im Endgame-Content etwas zu erreichen. Rückblickend war das eine sehr frustrierende Phase für mich, denn während Mitglieder meiner ersten Gilde alle Klassenstories durchprobierten, kämpfte ich Tag für Tag darum HM FPs zu clearen und meinen Gear aufzurüsten, um Ops und HM Ops tanken zu können, alles mit dem Ziel von Nim-Ops vor Augen. Vielleicht hätte ich mich auch mehr zurücklehnen sollen, denn wie sich immer wieder bewiesen hätte, konnte ich als Tank ja auch nichts gegen die Enrage-Timer unternehmen oder den fehlenden Schaden beisteuern, der auf das Konto unterequippter DDs ging. Da gingen meine Ziele und die eines Teils meiner Gildenkollegen wohl auseinander. Heute ist mir der Endgame-Gruppencontent ziemlich egal geworden, weil es eben auch anders geht.