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Jubiläumsrückblick: Sind die Sith Samurai?

Einer der großen Einflüsse auf George Lucas Star Wars waren Akira Kurosawas Samurai-Filme und auch nach George Lucas haben sich noch unzählige kreative Köpfe damit beschäftigt japanische Einflüsse in das Star Wars-Franchise zu integrieren, scheinbar so sehr, dass es anno 2011 sogar US-amerikanische Reviewer gab, welche Sith-Krieger in SWTOR mit Samurai verglichen...

 

Sehr offensichtlich sind die japanischen Einflüsse in SWTOR am Design gewisser Sith-Rüstungen, welche zwar von Darth Vader und frühen Konzeptzeichnungen zu den Star Wars-Filmen inspiriert sind, aber die für SWTOR so ikonische Beatmungsmaske von Sith-Kriegern wie Darth Malgus ist im Grund auch eines jener Designs die Lucas einst auf Basis eines Vorbilds aus der Samurai-Ära entworfen hat. Men-yoroi bezeichnet eine ganze Kategorie japanischer Gesichtspanzerungen, angefangen von einem "Mund-Nasen-Schutz" bis zu einer vollständigen Gesichtsplatte mit stilistischen Zügen. Es ist aber nicht bloß George Lucas Vermächtnis, das gewisse Samurai-Bezüge in SWTOR möglich macht, sondern auch der Fakt, dass viele der Designer und Grafiker wohl auch mit der Anime-Welle und damit einem gewissen Japan-Hype aufgewachsen sind. Ich erinnere mich ja selbst noch hin und wieder daran, wie sich auch unter meine Schulkollegen anfang der 0er-Jahre welche fanden, die unbedingt Japanisch lernen wollten, um Anime gleich im Original-Ton zu sehen, ohne auf eine Version mit Untertiteln warten zu müssen. Wenn heute K-Pop-Bands dafür sorgen, dass sich Jugendliche plötzlich für Koreanisch zu interessieren beginnen fühle ich mich um 20 Jahre in der Zeit zurückversetzt. Ein Projekt wie Star Wars Visions kommt vielleicht auch deshalb so gut an, weil es Jahrzehnte nach Kurosawas Filmen eben eine ganz neue Welle an japanischen Kulturprodukten gab, welche dieses spezifische kulturelle Erbe in Star Wars revitalisiert haben. Der Großteil der Visions-Stories scheint sich zum Ziel gesetzt zu haben in Kurosawas Tradition das feudale Japan wiederzubeleben, also eben auch die Zeit der Samurai und schlussendlich der Sengoku Jidai (Japans über 100jähriger Bürgerkrieg).

 

Alles schön und gut, aber wie kam der eine oder andere Reviewer 2011 darauf, das Sith-Imperium mit dem vermeintlich nobleren feudalen Japan zu vergleichen? Zunächst einmal vielleicht wegen des politischen Status Quos im Sith-Imperium. Der Imperator existiert zwar und wäre theoretisch der mächtigste Mann im Imperium, aber de facto liegt die Macht bei dem man der sich im Dunklen Rat durchsetzen kann. Darth Baras als Stimme des Imperators ist praktisch so etwas wie ein Shogun und es scheint so als könnte das Sith-Imperium nur dann effektiv agieren, wenn es einen solchen Militärdiktator an der Spitze gibt (ungeachtet des Zustands des wahren Sith-Imperators). Ohne eine starke Führungsfigur droht das Sith-Imperium wie Japan in eine Reihe streitender Reiche unter den verschiedenen Lords (Daimyo) zu zerfallen. Die Sith selbst wirken zwar vielleicht wie brutale Schläger, aber sie haltens ich an einen relativ strikten Ehrenkodex, der sich ansatzweise auch mit dem der Samurai vergleichen ließe. Samurai schwören ihrem Herrn Loyalität bis über den Tod hinaus, Sith hingegen nicht, aber sie sind zumindest solange loyal, bis sie sich für stark genug halten, um ihren Herrn zu stürzen. Mir persönlich (und das als Spieler von mehr als einem Dutzend Sith-Krieger) fällt es schwer den Ehrenkodex der Sith mit den "ritterlichen" Idealen eines Samurai gleichzusetzen oder zu vergleichen, da Loyalität und persönliche Aufopferung bei den Sith eine dem Aufstieg untergeordnete Rolle spielen. Wie in unzähligen Werken zu Sith-Reichen dokumentiert, muss so eine Gesellschaft aber auch irgendwie funktionieren, vor allem weil nicht jeder Sith die Stärke besitzt nach dem höchsten Rang zu streben. Die Mehrheit muss sich mit dem bestmöglichen Ergebnis zufrieden geben, sodass es auch Regelungen für diese Fälle geben muss. Lässt man den Sith-Kodex einmal außer Acht, dann wirken Imperiale und auch manche Sith doch sehr unterwürfig, wie man es sich auch in einem Feudalsystem erwarten würde. Der soziale Aufstieg ist im Imperium genau wie in einer feudalen Gesellschaft nur sehr begrenzt möglich. Ein buchstäblich machtloser Sklave kann nie ein Sith-Lord werden (außer er hat die Macht). Genauso kann aber auch ein machtloser Soldat nie zum Imperator werden, weil dieser Rang eben den Sith vorbehalten ist. Adel kann innerhalb des Imperiums scheinbar nicht mit 100%iger Garantie vererbt werden, denn auch Sith können machtunempfängliche Kinder haben. Genauso können aber machtsensitive Sklaven entdeckt werden, welche damit wiederum für eine Adelslaufbahn qualifiziert sind. Sith sind der Krieger-Adel des Imperiums und damit eine den gewöhnlichen Imperialen übergeordnete Schicht. Man könnte sie in dieser Rolle durchaus mit Samurai oder Rittern vergleichen. Sith zu sein bedeutet diesem Adel anzugehören und über den gewöhnlichen Bauern zu stehen, die zwar auch für den Militärdienst herangezogen werden können, schlussendlich aber auch als Offiziere nie einem Sith gleichgestellt wären und schon gar nicht in die Lage gelangen können jemals Sith zu kommandieren. Die imperiale Klassengesellschaft ist etwas, das gerade aus amerikanischer Sicht interessant wirken dürfte, vor allem wenn man die Probleme in der US-amerikanischen Gesellschaft bedenkt, aber ich will mich als Europäer nicht mit dieser beschäftigen müssen. Ich würde nur gerne anführen, dass es natürlich auch Beispiele dafür gegeben hätte wie ähnliche Gesellschaftsmodelle im mittelalterlichen Europa funktioniert haben. Wir hatten auch unsere zerstrittenen Fürsten, ineffektive Kaiser und etwas zu mächtige Kriegsherrn. Aber diese Einflüsse gehören eben nicht zur DNA von Star Wars, wobei ich gerne sehen würde wie sich ein Feldherr wie Wallenstein als Teil des Sith-Imperiums schlagen würde. Die europäische Geschichte hätte allerdings auch das Problem, dass hier vielleicht etwas zu oft auch religiöse Gründe vorgeschoben wurden, um Kampagnen gegen heidnische oder häretische Nachbarstaaten zu rechtfertigen und im heutigen politischen Klima will man derartige Vergleiche wohl eher vermeiden (sogar Dune Part 1 tanzt um die Verwendung des Begriffs Dschihad herum und kommt trotzdem nicht daran vorbei, zumindest das Wort Kreuzzug zu verwenden, egal wie wichtig dieses Schlagwort in der Buchvorlage gewesen ist).

 

Game of Thrones hat zwar demonstriert, wie sich auch europäische (in diesem Fall britische) Geschichte für faszinierende historisch angehauchte Settings instrumentalisieren lässt. Mit Order 66 hat Star Wars so etwas wie die Auflösung des Templerordens durch Philip IV. im Repertoire, aber während die Templer so eliminiert wurden bestand der Johanniterorden auf Malta einfach fort. Die Geschichte der Malteser/Johanniter und ihre Aktivitäten von aktiver Piraterie bis zur Bekämpfung von Piratenaktivitäten der nordafrikanischen Barbaresken-Staaten wäre ja auch interessant. Auf Ziost hat man in SWTOR zumindest einmal versucht eine Sekte, Splittergruppe oder zumindest etwas vom Mainstream abgehobene Jedi-Bruderschaft ins Spiel zu bringen, die sich deutlich als militärische Organisation verstand - eine richtige Gruppe von "Kreuzrittern" im Stil der Templer oder Johanniter. In den Star Wars-Tabletop-RPGs und den damit verbundenen Guides gab es durchaus Splittergruppen des Jedi-Ordens und sogar die KotOR-Comics von John Jackson Miller führten mit dem Jedi-Geheimbund eine solche in die Legends Lore ein, doch in SWTOR hielt man sich bisher von solchen Konstruktionen fern (dabei sollte eine reformierte Version des Jedi-Geheimbunds unter Lucien Draays Führung weiter exisiert haben). In seiner Jahrtausende umspannenden Geschichte brachte der Jedi-Orden laut seiner Lore einige Abspaltungen hervor, genauso wie die Sith. Voraussetzung für den Fortbestand oder die Weiterentwicklung von solchen Gruppen abtrünniger Jedi-Ritter war allerdings auch das Vorhandensein einer Rekrutierungsmöglichkeit. Gruppen wie die Zeison Sha (aus KotOR namentlich bekannt, aber nie onscreen mit einem Charakter vertreten) haben überlebt, weil sie aus einer Gruppe von Jedi und deren Nachfahren rekrutieren konnten, nachdem sich diese (in ihrem Fall allerdings unfreiwillig) auf einen Planeten niedergelassen hatten.

 

Den Sith würde ein Äquivalent zur Vielfältigkeit der hellen Seite fehlen, denn das Sith-Imperium ist eine dominante Macht, die ihren Sith-Orden sehr stark zur Uniformität drängt. Mit Ausnahme von wilden Sith-Kultisten wie auf Athiss oder abtrünnigen Gruppen wie den Schreckensmeistern und Malgus neuem Sith-Imperium, die aus dem Sith-Imperium ausgebrochen sind, gibt es abseits des Imperiums keine Sith. Somit wären wir wieder dort wo wir schon anfangs waren, das Sith-Imperium ist gewissermaßen ein sehr insuläres Staatswesen, vergleichbar mit Japan. Tatsächlich waren die Sith für 1300 Jahre auch wirklich vom Rest der Galaxis isoliert und konnten so eine ähnlich xenophobe Kultur entwickeln wie Japan. Das so "gereifte" Sith-Imperium wirkt auch hochmodern und ist kaum noch mit seinen feudalen Wurzeln vergleichbar, was sich auch in der imperialen Architektur niederschlägt. Statt steinernen Tempelbauten mit prächtigen Ornamenten steht im modernen Imperium ein glattes, fast stromlinienförmiges und dunkles Design im Vordergrund - ähnlich wie moderne Architektur auf unserem Planeten. Ich würde in der Architektur und sogar dem Kleidungsstil der modernen Sith jedoch auch einen starken Einfluss des stets bewölkten, regnerischen und düsteren Dromund Kaas sehen. Glatte Oberflächen bieten Regen und Dschungel weniger Angriffsfläche, dunkle Kapuzenmäntel schützen vor dem Wetter und verbergen Rüstungen, Waffen und Erkennungsmerkmale. Das alte Imperium war groß und die Bevölkerung, sowie ihre Fürsten, waren weit gestreut. Doch im Exil auf Dromund Kaas musste man lernen miteinander auszukommen und hatte seine Rivalen ständig im Auge. In der Lore von SWTOR ist es auch so, dass es fast zur Pflicht eines jeden aufstrebenden Lords gehört ein Anwesen auf Dromund Kaas zu unterhalten, was zwar nach historischen Gründen aussehen mag, aber auch politische Gründe hat. Das Anwesen auf Dromund Kaas ist einerseits eine Art ständige Botschaft der Machtbasis des jeweiligen Fürsten, aber die Anwesenheit auf Kaas zwingt auch dazu sich den wachsamen Augen seiner Rivalen, Vorgesetzten und Verbündeten auszusetzen. Man ist somit für eventuelle Attentate erreichbarer und selbst Imperator Vitiate hatte es so leichter rebellische Lords zu eliminieren. Die mächtigsten Fürsten um die Hauptstadt zusammenzuziehen erinnert aber auch ein wenig an die Reformen am Ende des Sengoku Jidai, als das neue Shogunat die Macht der einstigen Lokalfürsten brechen musste. Und seine potentiellen Gegner in Reichweite eines Dolches zu halten hat auch etwas von Game of Thrones, wo der königliche Rat ja eine ähnliche Rolle erfüllt. Angehörige verbündeter oder gegnerischer Fraktionen als ehrwürdige Geiseln zu halten war auch eine übliche Praxis im feudalen Japan.

 

Gerade die Herrschaftsübernahme durch Kaiserin Acina könnte meiner Meinung nach Ähnlichkeiten zum Aufstieg Ieyasu Tokugawas zum ersten Shogun seiner Dynastie (und damit einer rund 250jährigen Regentschaft eben dieser) aufweisen. Das hat zwar nichts mehr mit SWTOR anno 2011 zu tun, aber ich finde es durchaus passend. In sehr vereinfachter Form wird Tokugawa als der Shogun-Kandidat bezeichnet, der schlussendlich das Rennen gewann indem er abwartete. Acinas Aufstieg hatte am Ende auch alle Anzeichen, dass sie einfach ihre Rivalen überlebt hatte. Natürlich wirft dieser Vergleich die Frage auf, wer in SWTOR dann mit den anderen beiden "großen Vereinern" Nobunaga Oda und Hideyoshi Toyotomi vergleichbar wäre, gerade weil diese Ieyasu Tokugawa vorausgegangen sind und damit, um beim SWTOR-Vergleich zu bleiben, auch anno 2011 in Vanilla SWTOR eine Rolle gespielt haben müssten. Nobunaga Oda war eine faszinierende Gestalt, die es von einem kleinen Fürstentum zum mächtigsten Kriegsherrn Japans brachte, bis er durch eine Verschwörung und ein Attentat zum rituellen Selbstmord gezwungen wurde (ansonsten hätten ihn seine Attentäter ermordet). Nobunaga galt als aggressiver Mann und genialer Stratege, der gerade am Beginn seiner Karriere übermächtige Gegner bezwang, indem er diesen durch den Gebrauch von Schusswaffen, überlegene Terrainkenntnis (dank seiner Späher) und Überraschungsangriffen beizukommen vermochte. Es gehörte jedoch auch zu Nobunagas Strategie seine zahlenmäßig begrenzte Samurai-Streitmacht durch Ashigaru Bauern-Soldaten aufzustocken, womit er sich am ehesten mit Darth Malgus vergleichen ließe. Malgus griff bei seiner Rebellion auch auf Soldaten zurück, welche von der imperialen Elite zunächst als Option abgelehnt wurden. Großmoff Regus sprach sich etwa auf Ilum noch gegen die Rekrutierung von Kaleesh-Soldaten aus, während Malgus für diese warb. Später kämpfte ein großes Kontingent von Kaleesh unter Malgus Banner, wobei offen blieb, ob es sich bei dieses um das zuvor für das Imperium rekrutierten handelte. Hideyoshi Toyotomi begann seine Karriere hingegen als einer der Bauernsoldaten in Nobunagas Gefolge, wofür sich kein Äquivalent in SWTOR finden lässt. Hideyoshi machte Karriere und fand sich schließlich sogar in der Rolle von Nobunagas Rächer wieder, wobei er auch in die Rolle des neuen Militärdiktators hinein rutschte, wobei er die Söhne Nobunagas verdrängte. Auf mich wirkt der Aufstieg des loyalen Generals Hideyoshi ein wenig wie Marcus Antonius Rolle unter Gaius Julius Cäsar, vor allem auch weil er sich trotz fehlender Blutsverwandtschaft de facto zum Erben seines einstigen Vorgesetzten erklärte. So jemanden haben wir in SWTOR höchstens in der Person Darth Marrs, der einst auch loyal dem Imperium und damit Imperator Vitiate diente, jedenfalls bis dieser scheinbar ermordet wurde. Hideyoshi und Marcus Antonius beließen es jedoch nicht dabei wie Marr einfach als Regenten zu dienen und bemühten sich beide darum ihre eigene Dynastie zu gründen, um damit ihren überragenden Vorgänger und dessen durch eine direktere Verwandtschaft legitimierte Erben abzulösen. Hideyoshi ist zudem jener Kriegsherr der als Krönung seiner Karriere eine Invasion Chinas plante. Dieser große Traum scheiterte jedoch in Korea, dass es ablehnte japanische Truppen durch das Land marschieren zu lassen. So änderte man die Invasionspläne kurzerhand und beabsichtigte Korea einfach zu besetzen. Wären die Invasoren nicht von ihren Nachschublinien abhängig gewesen wäre es sogar vielleicht gelungen, doch koreanische Guerillakämpfer fegten die japanischen Invasoren vom Feld, indem sie es ihnen unmöglich machten langwierige Kampagnen durchzuführen. Erinnert mich ein wenig an die imperiale Invasion Corellias und den Versuch von dort aus den Rest der republikanischen Kernwelten zu erreichen. Ein richtiger Hideyoshi Toyotomi fehlt uns in SWTOR jedenfalls, am ehesten würde ich allerdings den Ex-Sklaven und Traditionalisten Darth Thanaton mit ihm vergleichen, da beide aus bescheidenen Verhältnissen stammten, im Krieg Karriere machten und am Ende versuchten anderen Emporkömmlingen den gleichen Karriereweg zu versperren (Hideyoshi setzte als Kanzler Dekrete in Kraft, mit welchen die Bauern entwaffnet und sozialer Aufstieg wieder verhindert wurden). In einem Bündnis mit Darth Ravage und Mortis hätte es Thanaton wohl geschafft die gelockerten Zugangsbestimmungen zur Sith-Akademie oder dem Militärdienst wieder aufzuheben, sodass Sklaven, Leibeigene und andere Unfreie künftig wieder auf ihre traditionellen Rollen beschränkt gewesen wären.

 

Traditionalismus ist auch ein Aspekt anhand dessen sich das Sith-Imperium und Japan vergleichen lassen, denn dieser scheint im krassen Widerspruch zur technologischen Modernität beider Staaten zu stehen. Angesichts der Macht der Sith und dem Vergleich mit Samurai lässt sich nun auch die Frage stellen, ob und inwiefern es im Sith-Imperium zu einer Art Meji-Restauration kommen könnte oder ob diese durch Acinas Reformen erfolgt ist. Für Amerikaner ist diese Thematik wohl etwas verständlicher, weil sie von den Spätfolgen der Meji-Restauration (dem Aufstieg des Japanischen Kaiserreichs und seiner Expansion in der Pazifik-Region und Ostasien) direkter betroffen waren. Ich finde es interessant über diesen Blickwinkel nachzudenken, auch wenn er immer irgendwie fremd auf mich wirken wird. Die Meji-Restauration stürzte das Shogunat, entmachtete die Daimyo, verbot den Samurai das Recht ihre traditionellen Waffen zu tragen und katapultierte Japan im 19. Jahrhundert in das 19. Jahrhundert, wofür man sich europäische Vorbilder suchte. Japan versuchte nachzuvollziehen, was die europäischen Monarchien zu dieser Zeit kurz zuvor erlebt hatten. Ich persönlich kann mir ein Sith-Imperium ohne die Sith einfach nicht vorstellen, zumindest innerhalb der Legends-Kontinuität und -Lore. Wie würde ein solches Imperium dann aussehen? Sith würden nicht mehr aufgrund ihres Sith-Status Führungspositionen erhalten und könnten wohl eher wie Spezialeinheiten betrachtet und somit auch von nicht-machtsensitiven Imperialen befehligt werden. Die höchsten Ränge des Imperiums, bis zum Dunklen Rat würden nun auch imperialen offen stehen und jemand wie Minister Lorman hätte in dieser Version des Sith-Imperiums vielleicht wirklich darauf hoffen können Imperator zu werden. Das Sith-Imperium würde so mehr wie Palpatines Galaktisches Imperium, aber damit würde es auch ein wichtiges Stück seiner Identität einbüßen. Um weiterhin in Führungspositionen tätig sein zu können müssten sich Sith für entsprechende Karrierelaufbahnen entscheiden und könnten nicht mehr auf der Überholspur an allen anderen vorbei düsen, wobei man lästige Vorgesetzte einfach ermordet hätte. Es würde zwar wohl durchaus Sith geben, die sich als imperiale Offiziere bis in den Rang von Generälen, Admirälen oder sogar Moffs hocharbeiten können, aber der Mehrheit würde wohl die Disziplin und Professionalität fehlen, um einfach so umzusatteln. Sith sind in den meisten Fällen eher doch nur Amateure und nicht besonders ausgebildet und trainiert, um Truppen zu führen. Natürlich kann das Sith-Lehrlingssystems gewissermaßen als Mentoring funktionieren und zu einer Professionalisierung beitragen, wenn besonders talentierte und erfahrene Sith-Lords ihren Schülern das nötige Handwerkzeug "on the job" beibringen (ähnlich wie bei Meister-Padawan-Verhältnissen, in denen erfahrene Jedi-Diplomaten entsprechende Skills ja auch an ihre Schüler weitergeben). Die Beispiele von Sith-Ausbildungen in SWTOR lassen mich jedoch daran zweifeln, dass man als Sith-Schüler allzu viel nützliches von seinem Meister lernt (Baras und Zash scheint es ja nur darum zu gehen, dass man ihre Aufträge erfüllt). Würde man im Sith-Imperium wirklich den Weg Palpatines anstreben, dann würde es am Ende aber auch gewisse Sonderkommandos von Sith geben, welche außerhalb der normalen imperialen Hierarchie agieren. Imperiale Inquisitoren hatten keine militärische Funktion, ebenso wenig wie die meisten von Palpatines dunklen Jedi in der Legends-Kontinuität. Dass sich Pseudo-Sith wie Jerec oder Desaan nach Palpatines Tod imperiale Truppen aneigenen konnten lag an ihren persönlichen Netzwerken und der Unterstützung durch reguläre imperiale Offiziere. Für Großadmiral Thrawn war es auch nicht selbstverständlich sich einem dahergelaufenen Machtnutzer einfach so unterzuordnen, auch wenn er Joruus C'baoths Machtfähigkeiten als nützlich für einige seiner Manöver betrachtete. C'baoth ist vielleicht das beste Beispiel dafür wie überheblich "Sith" sein können, denn im Grunde hatte er außer seiner Machtfähigkeiten nichts zu Thrawns Kampagnen beizutragen. Meister C'baoth mag zwar größenwahsinnig genug gewesen sein, um sich auf Palpatines Thron auf Wayland zu setzen und in dessen Thronsaal Hof zu halten, aber er war weder politisch noch militärisch für eine Führungsfunktion geeignet, selbst wenn er nicht an einer grenzwertigen Persönlichkeitsstörung gelitten hätte. Aus der Sicht des Strategen Thrawn wären Sith nützliche Werkzeuge, aber darüber hinaus würde er ihnen keine Sonderrechte zugestehen. C'baoth war halt zu gefährlich, um ihm das ins Gesicht zu sagen, doch Thrawn plante durchaus ihn mit weit weniger wahnsinnigen und fügsameren Klonen zu ersetzen. Im neuen Kanon wird Thrawns Verhältnis zu Machtnutzern wie C'baoth allerdings auch dadurch bestimmt, dass die Chiss selbst auf machtsensitive Navigatoren zurückgreifen, diese allerdings auch nur als nützliche Werkzeuge betrachten. Wäre es also möglich die Sith wie die Samurai zu entmachten? Ja, aber es könnte genauso wie in Japan zu einer Rebellion dieser entmachteten Samurai kommen.

 

Interessanterweise war in der Vanilla-Ära wohl sogar eine "Rebellion des letzten Samurai" geplant, allerdings in der Gestalt von Großmoff Regus. 2012 änderte BioWare einige seiner Pläne für künftigen SWTOR-Content und auch wenn manches in veränderter Form überlebte (Ziost, Yavin 4, Oricon), anderes wurde gestrichen. Unter den gestrichenen Dingen befand sich etwa der "Imperial Warlord"-Flashpoint in welchem Großmoff Regus aufgrund der Umsetzung von Malgus angeregten Reformen einen Aufstand begann, in welchem er sich und seine Anhängerschaft bewaffnete, um das Imperium vor dem Verfall zu "retten". Im geplanten Flashpoint hätte Regus wohl vorwiegend auf menschliche Soldaten und Droiden gesetzt, etwas das gerade nach dem Fall des Ewigen Imperiums mit seinen Droiden-Legionen neuerlich möglich wäre (sofern Regus in der 7.0-Ära noch am Leben ist). Aufstände müssen ja auch erst einmal geplant werden, da hat es vielleicht auch einige Jahre gedauert, dass Regus nach Acinas Reformen genug Waffen für seine Extremisten beiseite schaffen konnte (vorbei an Darth Vowrawn oder auch Darth Shaar). Vielleicht war ihm Logistik-Minister Lorman sogar unwissentlich behilflich. Aber genug der Spekulationen, Regus hatte 2011 schon das Zeug zu einem "letzten Samurai" wie Saigō Takamori. Nur ist Regus eben kein Sith und damit auch kein Angehöriger des niederen Adels. Darth Ravage als aufbrausender Anti-Liberaler hätte wohl eher in die Rolle eines "letzten Sith" gepasst und vor allem wäre Ravages militärisches Scheitern sehr gut mit mangelnden Fähigkeiten erklärbar gewesen. Ravage ist allerdings seit Nathema Geschichte und ich frage mich was er wohl die ganzen Jahre über so getrieben hat. Von Regus fehlt bis dato seit Ilum jede Spur, doch Malgus Rückkehr könnte ihn früher oder später aus der Reserve locken. Was Regus außerdem fehlt ist ein Grund um seinen Status zu fürchten, auch wenn nun Aliens die gleichen Rechte besitzen würden wie er. Die letzten Samurai kämpften auch für den Erhalt ihres Rangs in der Gesellschaft und damit verbundene Vorrechte, sie hatten wirklich etwas zu verlieren. Regus als Mensch innerhalb des Imperiums genoss keine bevorzugte Behandlung, denn diese war ein Privileg der machtsensitiven Sith. Regus stand immer noch über Aliens und als Großmoff (ein Rang den er von Großmoff Kilran übernommen hat, was bedeuten könnte es gibt nur einen einzigen Großmoff) gab es für ihn auch keinen Grund sich persönlich durch Aliens bedroht zu sehen. Erwähnt wird in Vanilla SWTOR allerdings auch immer wieder ein imperialer Kriegsminister, dessen Stellvertreter Regus war. Es gibt also zumindest einen Rang der in der regulären imperialen Hierarchie noch über einem Großmoff stehen dürfte und wir wissen auch nicht mit wem dieser Posten in den letzten Jahren besetzt wurde. Als Stellvertreter des Kriegsministers könnte sich Regus Hoffnungen gemacht haben diesen Posten irgendwann einzunehmen und trotz seiner Befähigung könnten ihm unter den wechselnden Regimen (zuerst Marr, dann Marr und Arkous, kurze Zeit wohl auch Marr und Atroxa, bis das Ewige Imperium Acina an die Macht brachte und diese Darth Krovos als neues Oberhaupt der Militärischen Sphäre einsetzte) andere Kandidaten vorgezogen worden sein. Selbst wenn diese keine Aliens waren, sondern nur liberale Positionen vertraten könnte das zunehmend zu seiner Frustration beigetragen haben. Regus als Konservativen blieb wohl der Sprung an die Spitze verwehrt, da andere Kandidaten wohl eher gewillt waren die von Malgus angestoßene Reformpolitik umzusetzen. Für Regus muss das bitter gewesen sein, denn obwohl er Malgus militärisch besiegt hatte setzte sich dessen Politik durch.