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Mass Effect IV Spekulationen (Part I) - Das Vermächtnis der Reaper

Mehr als einen Teaser und ein Teaser-Bild haben wir noch nicht, aber als Fan der Reihe hoffe ich, dass man sich bei diesem Mass Effect endlich einmal gebührend lange Zeit lässt, um es in das Meisterwerk zu entwickeln, das es sein kann. Trotzdem gibt es meiner Meinung nach genügend Anhaltspunkte für Spekulationen, was in Mass Effect IV eine Rolle spielen könnte...

Die Reaper zu besiegen kann verschiedene Enden mit sich gebracht haben, doch allen gemein ist der Umstand, dass in den Trümmern der zerstörten Bevölkerungszentren nun eine ganze Menge an Reaper-Relikten herumliegen dürfte. Fakt ist, wie Javik in Mass Effect 3 berichtete griffen die Reaper zunächst jene Welten und Städte an, in denen sich die größte Menge an als Zielobjekte eingestufte Personen befand. Das macht erschreckenden Sinn, wenn man bedenkt, dass die Reaper eigentlich ohne Bodentruppen über die Galaxis herfallen und sich zunächst einmal via Indoktrination daran machen müssen ein Heer an Husks aufzustellen, um mit diesen dann alle Außenbezirke und Landgemeinden abzufarmen.

 

Der durchschnittliche menschliche Husk wirkt zwar nur wie Kanonenfutter, doch in dieser hirnlosen finalen Form ist er im Grunde auch am schwächsten (zumindest aus meiner Sicht, für einen Reaper ist er hingegen am nützlichsten, da er sich perfekt und widerstandslos steuern lässt, ohne zuviel Rechenleistung zu beanspruchen). Man kann ihn dahingehend wohl mit den B1-Kampfdroiden aus Star Wars vergleichen, die ja auch wenig mehr waren als leicht ersetzbare Waffenplattformen. Reaper-Husks sind jedoch unbewaffnet, zumindest in ihrer menschlichen Variante. Im Gegensatz zu den B1-Droiden halten sie jedoch deutlich mehr aus und erleben beim Verlust von Gliedmaßen scheinbar keine Schmerzen, sodass sie nur durch die Zerstörung zentraler Körperbestandteile aufgehalten werden können. Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass sich selbst ein menschlicher Husk im Nahkampf mit einem normalen unbewaffneten Menschen als überlegen erweist, weil er über herausragende physische Eigenschaften verfügt.

 

Um zu verstehen was den Reiz an einer "Reaper-Indoktrination" ausmacht muss man sich vielleicht das Beipsiel Sarens vor Augen führen. Saren war in Mass Effect 1 nicht bloß ein turianischer Spectre, sondern ein indoktrinierter turianischer Spectre, der bereits mit Reaper-Technologie aufgewertet war. Erst nach seinem "Tod" verwandelt er sich in einen echten Husk, der je Ansicht auch gefährlicher wirken kann als es Saren zuvor war. Sarens Husk ist im Endeffekt aber wirklich nur noch ein Zombie, der nichts mehr von Sarens Erfahrungen oder Fähigkeiten nutzen kann. In Mass Effect 3 ist es dann Cerberus, das mit Reaper-Implantaten herumexperimentiert und seine Soldaten zu praktisch ferngesteuerten Killern umfunktioniert hat. Selbst der Illusive Man höchstpersönlich hat sich Reaper-Nanobots injiziert und quasi die gesamte infizierte Organisation kann sich mehr oder weniger als indoktriniert bezeichnen lassen, nicht nur im physischen Sinn, sondern auch weil sie zu Sklaven des Willens der Reaper verkommen. Dass Cerberus soweit ging liegt aber nicht bloß an mangelnden Skrupeln dieser Truppe, sondern auch weil die Reaper schon mit der Citadel-Station und den Masse-Relays sehr gerne schmackhafte technologische Köder ausgelegt haben. Ihre Nanobots sind auch nur ein Teil dieses Kalküls, denn wie man etwa aus dem dritten Mass Effect-Roman erfahren kann verstärkt der "Indoktrinations-Prozess" zunächst einmal allerlei physische Attribute. Für Cerberus sah das durchaus nach einem möglichen Supersoldaten-Serum aus, sofern man einen Weg findet die Nebeneffekte wie die psychische Indoktriniation zu vermeiden und die physische Umwandlung in einen Husk ausbremsen kann.

 

Damit wären wir schon beim zentralen Punkt meiner Überlegungen angekommen. Ohne die Reaper bzw. deren bösartige Form der Indoktrination (weil Shepard ein Teil ihres Bewusstseins geworden ist oder weil sie nun organisch-synthetische Hybriden sind, die einfach keinen galaktischen Genozid mehr planen) lässt sich sehr frei mit Reaper-Nanobots herumexperimentieren. Wofür Cerberus zuvor gebrandmarkt wurde könnte nun zur angesehenen Wissenschaft geworden sein, jedenfalls in gewissen Kreisen. Die Nachwehen des Krieges hatten zweifellos auch zur Folge, dass gewisse Skrupel wieder fallen gelassen wurden und angesichts des Verräter-Status der Cerberus-Mitglieder dürfte es für die salarianische STG kein Problem gewesen sein, "Kriegsverbrecher" einzusammeln und für Forschung einzuspannen, die vordergründig dem "Wiederaufbau" dienen soll. Gleichzeitig könnte man diese Kriegsverbrecher aber auch irgendwo verschwinden lassen haben, um sie an etwas forschen zu lassen, womit man sich eine Geheimwaffe vom Kaliber der Genophage schaffen würde. Nachdem die Kroganer nun entweder wieder fruchtbar sind oder sich ohnehin genetisch langsam an die Genophage anpassen und wieder fruchtbar werden dürften die Salarianer auch angesichts ihrer fragwürdigen Bündnispolitik während der Reaper-Invasion ohnehin unter der großen Not nach einem Abschreckungsmittel stehen. Man will sich ja keinen Vergeltungsschlägen eines neuen kroganischen Staats aussetzen.

 

Die Salarianer wären jedenfalls meine Hauptverdächtigen, wenn es darum geht Cerberus-Forschungsberichte zu missbrauchen, um sich einen Vorteil gegenüber allen anderen Spezies zu verschaffen. Sei es nun indem man genetisch überlegene Supersoldaten züchtet oder indem man mit seiner eigenen Variante der Reaper-Nanobots droht jeden Invasor zwangsläufig in eine willenlose Drohne im Dienste des salarianischen Militärs zu verwandeln. 

 

Saren machte es vor, da machen es andere Turianer aber vielleicht nach? Die Turianer waren immer schon eine sehr militärisch orientierte Spezies und gerade bei ihnen könnte ich mir am ehesten vorstellen, dass sie sehr an Nanobot-Supersoldaten interessiert wären. Zumal der Ärger tief sitzen könnte, dass man ohne kroganische Hilfe nicht in der Lage gewesen ist Palaven zu befreien. Und wieder könnten es gefangene Cerberus-Wissenschaftler sein, welche in die Rolle von deutschen Raketen- und Flugzeug-Ingenieuren schlüpfen, die nach 1945 für den Aufbau des amerikanischen Weltraumprogramms oder die Konstruktion von Düsenjets rekrutiert wurden. 

 

Mal abgesehen von den mehr oder weniger staatlichen Akteuren gibt es in Mass Effect abseits der einstigen "Supermächte" aber auch private Unternehmer, die allerlei üblicherweise staatliche Aufgaben übernommen haben. Wenn Gruppen wie die Blue Suns Polizeiaufgaben ausüben oder Gefängnisse betreiben, dann hätten sie wohl auch Interesse ein Stück vom großen Kuchen abzubekommen und einige Ex-Cerberus-Wissenschaftler einsacken. Die Ähnlichkeit zwischen Protomolekül-Infizierter aus The Expanse und Indoktrinierten/Husks in Mass Effect lässt mich jedenfalls auch daran glauben, dass es in der Mass Effect-Galaxis eine Firma wie ProtoGen oder einen Jules Pierre Mao geben könnte, die ihre ganz eigene Agenda verfolgen. So ein nicht-staatlicher Akteur mit Söldnern, Agenten und Spionen in den Supermächten könnte es auch in Mass Effect weit bringen, wie der Illusive Man ja bewiesen hat. Oder vielleicht sollten wir ihn auch bei seinem bürgerlichen Namen Jack Harper nennen. Mit Cerberus Fall könnte die Erbmasse dieser Organisation auch in private Hände gelangt sein, denn immerhin gilt Jack Harper auch als Industrieller. So ein Tech-Milliardär aus Cerberus einstigem Förderkreis könnte ziemlich schnell alles aufgekauft haben, was beim Untergang der Cerberus-Führungsriege unter den Hammer kam. Dieser "Erbe" muss kein wirklicher Verwandter Jack Harpers sein, sondern könnte sogar irgendein Alien sein, der sich auch das Machtvakuum nach Aria T'Loaks Vertreibung von Omega und der Krise im Netzwerk des Shadow Broker zu Nutze machen konnte. Im Mass Effect 4 Teaser-Trailer war Liara T'Soni bereits zu sehen, sodass man sich die Frage stellen kann, ob sie immer noch der Shadow Broker ist bzw. ob sie in der Lage war dessen Netzwerk nach dem Sieg über die Reaper wieder aufzubauen. Mit dem Tod so einiger ihrer Agenten und ihrer Anti-Reaper-Einstellung könnte sich zwangsläufig ein Machtvakuum ergeben haben, vor allem wenn durch den Verlust von Schiffen, Planeten und möglicherweise auch Masse-Relays die Kommunikationswege für Liara als amtierenden Shadow Broker abgeschnitten wurden. Andererseits kennen wir aus dem Kasumi-DLC von Mass Effect 2 ja auch die Szene engagierter galaktischer Waffenhändler.

 

Die Kollektoren sind als Entität der galaktischen Unterwelt ja mittlerweile auch ausgeschieden. Exotische Technologien könnte man aber trotzdem erhalten, wenn man sich eben mit dem Vermächtnis der Reaper beschäftigt. Es ist ja auch noch etwas unklar, ob es so etwas wie Reaper-Archive oder -Datenbanken geben könnte, in denen die technologischen Errungenschaften ausgelöschter Zivilisationen aufgezeichnet sein könnten. Mit Shepard am Steuer des Reaper-Bewusstseins wäre dieses sehr wahrscheinlich allen zugänglich auch auch die Reaper selbst könnten im Fall des neutralen Endes bereit gewesen sein ihr Wissen aus unzähligen früheren Zyklen mit den Überresten der galaktischen Zivilisation zu teilen (wobei ich mich gerade schon frage, ob das nur die Citadel-Mitglieder betreffen könnte oder ob dieser freie Informationsaustausch auch mit einstigen Feinden läuft). 

 

 

Einen Aspekt der Indoktrination will ich an dieser Stelle noch einmal gesondert beleuchten, nämlich die Etablierung eines Schwarmbewusstseins. In Mass Effect 1 stellte man uns die Rachni und den Thorianer als Spezies vor, welche ein solches nutzen und im Fall des Thorianers auf Feros forschte mit dem privaten Unternehmen ExoGeni bereits eine Gruppe daran, wie sich ein Schwarmbewusstsein vielleicht "verkaufen" oder irgendwie in ein nützliches Produkt verwandeln lässt. Im Fall der Rachni stellte sich zwar heraus, dass es mit Hilfe der Reaper-Indoktriniation scheinbar möglich ist ein Schwarmbewusstsein zu kontrollieren bzw. zu hacken und fernzusteuern, doch gerade die Reaper-Indoktrination wird Firmen wie ExoGeni nun auf dem Silbertablett serviert. Es gibt wohl Millionen arglose Opfer der Reaper-Indoktrination und ExoGeni würde sich wirklich leicht damit tun, Hilfsorganisationen dafür zu missbrauchen Studien an diesen Opfern zu betreiben, um die eigenen Forschungen voranzutreiben. Selbst wenn es wirklich nur darum geht Studien in Auftrag zu geben und Hilfsorganisationen zu fördern, am Ende profitiert ExoGeni ja wohl doch davon, was zum Forschungsstand beigetragen wird. Im Endeffekt muss man jetzt gar nicht experimentieren, sondern kann die Massen-Indoktrination durch die Reaper als Ausgangsbasis für die Auswertung dieses  "Experiments" nutzen. Zumindest hat man so ein ausreichend großes Probensample. Gerade das Synthesis-Ende von Mass Effect 3 könnte sich so zum Problem entwickeln, wenn man bedenkt wie ExoGeni nun relativ einfach eine Technologie entwickeln könnte, um kleine "Kollektive"/Schwarmbewusstsein zu schaffen. Etwas in dieser Art gab es auch in The Expanse, mit dem sehr speziellen "Think Tank" Protogens, bei dem sich verschiedene Wissenschaftler zusammenschlossen. ExoGeni könnte ähnliches entwickeln, quasi ein Klein-Gruppen-Bewusstsein, um den Austausch zwischen Forschern zu erleichtern oder das Teamwork in Produktions- oder gar Militäreinheiten zu verbessern. Nennen wir es einfach irgendeine flashige Kombination mit Link, Group Link oder Neural Link. So ein Group Link könnte dann vielleicht sogar eine Lore-Rechtfertigung für das squadbasierte Gameplay werden, das man als Spieler ja auch Befehle an seine Gefährten geben kann bzw. vielleicht lassen sich diese sogar direkt steuern.

 

Mass Effect Andromeda spielte ja schon damit, dass der Protagonist als Pathfinder mit der KI Sam verbunden war. In Mass Effect 4 könnte so ein Direkt-Link mit seinem Schiff bzw. dessen KI und möglicherweise auch seinem Equipment zu allerlei neuen Möglichkeiten führen, immerhin leben wir ja auch nicht mehr in den 0er- oder 10er-Jahren, sondern in einem Jahrzehnt, da es völlig normal scheint sein Smartphone wie eine Universalfernbedingung zu verwenden. Und Nanobots wurden uns ja jetzt auch gespritzt!!!! Oder so. Reaper-Technologie macht eine universelle Vernetzung noch viel einfacher, gerade nach dem Synthesis-Ende, aber selbst ohne dieses Ende wäre es denkbar, dass man einfach einiges für den neuen Protagonisten adaptiert hat. Man sollte ja doch nicht vergessen, dass Shepard nicht bloß der erste Spectre der Menschheit war, sondern sowohl von der Allianz, als auch von Cerberus mit der besten verfügbaren Technologie ausgestattet wurde. So ein normaler Soldat hatte wohl gar nicht das HUD eines Commander Shepard oder dessen Auswahl an Waffen und Skills. Cerberus hat Shepard sogar zu einem halben Cyborg gemacht, auch wenn diese Bezeichnung in Mass Effect eher vermieden wird. In Mass Effect 3 erwähnt man hingegen nur wie Shepard ja nun selbst zum Teil synthetisch ist. Cerberus Projekt Lazarus war exorbitant teuer und wohl kaum ein Fall für die "Massenproduktion", aber es musste auch eine Menge Grundlagenforschung betreiben, die einmal abgeschlossen auch verkauft werden kann. Jemanden wie Shepard wiederzubeleben wäre mit dem Besitz von Cerberus Forschungsdaten nun sehr wahrscheinlich günstiger möglich, wenn auch immer noch extrem teuer. Staatliche Gruppen wie die Allianz oder der Citadel-Rat hätten damit sicher Probleme, da sie sich für diese Ausgaben rechtfertigen müssen. ExoGeni oder selbst der Shadow Broker könnten es sich mit ihren tiefen Taschen nicht nur leisten, sondern auch reibungslos durchziehen, selbst wenn ExoGeni als Unternehmen vor Investoren oder zumindest einem Aufsichtsrat Rechenschaft ablegen sollte. Jemanden zu klonen scheint außerdem möglich, wie der Citadel-DLC zu Mass Effect 3 beweist. Und es dürfte sogar möglich sein diesen Klonen irgendwie Erinnerungen und Fähigkeiten des Originals "einzuprägen", selbst wenn dieses tot ist. Wieder etwas womit ExoGeni eine Vermögen verdienen könnte, wenn man diese Technologie zumindest einem ausgewählten Personenkreis zugänglich macht, um sich mehr oder weniger unsterblich zu machen. Etwas weniger auf die eigene Unsterblichkeit bedachte Gruppen könnten so aber vielleicht auch historisch bedeutende Persönlichkeiten wiedererwecken, um diese für ihre Agenda einzuspannen. Sofern man die  für eine Wiederauferstehung nötigen Vorkehrungen (die Aufbewahrung des Leichnams und was auch immer man mit dem Gehirn anstellen muss) treffen konnte.

 

Angesichts des Umstands, dass Jack Harper all diese Möglichkeiten zur Hand hatte frage ich mich schon, ob er einen Plan B für den Fall der Fälle bereit hielt. Vielleicht läuft ja ein Klon Harpers herum und hat in Mass Effect IV so etwas wie Cerberus 2.0 aufgebaut. Wie Miranda Lawsons Fall beweist waren die Förderer Cerberus ja auch dazu in der Lage regelrechte Designer-Klone ihrer selbst in Auftrag zu geben, damit diese eines Tages als Erben an ihre Stelle treten. Und dabei sollte die Menschheit noch technologisch rückständiger sein als die Salarianer. In Mass Effect 2 nutzte Kriegsherr Okeer Klon-Technologie, um einen genetisch perfekten Kroganer zu erschaffen, wofür er allerdings auch einen Deal mit den Blue Suns eingehen musste, um die nötige Finanzierung für sein Projekt zu bekommen. Was ein Kroganer kann sollten die Salarianer schon lange können, weshalb ich nicht daran zweifle, dass es irgendwo einen geheimen Bunker mit Klonen oder "Klon-Negativen" der klügsten Köpfe der Salarianer geben sollte, darunter auch Mordin Solus. Okeers Deal mit den Blue Suns ist auch genau das was ich mir von umtriebigen Wissenschaftlern im Zusammenhang mit Reaper-Technologie vorstellen würde. Sollte der Nachfolger des Citadel-Rats soweit gehen die Erforschung von Reaper-Technologie zu verbieten, wird sich die entsprechende Forschung eben wieder in neutrale Gebiete verlagern und von Gruppen wie den Blue Suns finanziert werden. Die Blue Suns waren sehr an einer kroganischen Klon-Armee interessiert, wieso also nicht auch einer Legion von Husks, die viel einfacher zu kontrollieren sein sollten. Dabei kann natürlich vieles schief gehen.