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Batman: The Enemy Within - The Telltale Series (spoilerische Review)

Nachdem mir Season 1 des Batman Telltales noch etwas zu oft Inspiration bei der Nolan-Trilogie zu suchen schien, hat mich die zweite und finale Season dafür wirklich beeindruckt...

Batman meets Suicide Squad

Das ist Batman: The Enemy Within, denn bereits zu Beginn der Story fegt eine Dame im Business-Anzug durch Gotham, die man auch als Direktorin der enigmatischen Agency bzw. als Gründerin und Chefin des Suicide Squads kennt: Amanda Waller!

Die Dame, die kein Problem damit hat, zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilten Verbrechern als entbehrliche Selbstmordkommandos für Black Ops der US-Regierung zu missbrauchen (wobei sie ihnen gerne reduzierte Haftstrafen, oder Heilmittel für ihre Erkrankungen verspricht, gleichzeitig aber Sprengfallen umhängt, sollten sie sich weigern Befehle auszuführen) trifft auf Batman - und wie wird sich das Verhältnis zwischen der skrupellosen Geheimdienst-Direktorin und dem "dunklen Ritter" gestalten? Es liegt am Spieler, denn Batman kann je nach Darstellung sehr stark zwischen "Gut" und "Böse" schwanken. Direktorin Waller ist genau das was eine zweite Season des Batman-Telltales wohl auch gebraucht hat, sie stellt eine Herausforderung für den moralischen Kompass des Helden dar, denn Waller ist jemand der die Grenzen zwischen Gut und Böse zu verwischen versteht, sodass es umso schwieriger wird sich bei seinen Entscheidungen sicher zu sein. In anderen Worten, Direktorin Waller hat mir in Season 2 wirklich oft Gründe gegeben meine getroffenen Entscheidungen zu bereuen. Ich habe ehrlich schon lange kein RPG mehr erlebt, in dem ich späte Reue verspürt habe. Die Batman-Telltale-Reihe hat mich in Season 2 wirklich in ihren Bann gezogen und es war mir eine Freude.

Season 2 hat deutlich mehr bekannte Superschurken zu bieten als Season 1, doch vielleicht mit Ausnahme von Mr. Freeze sind alle etwas "realistischer" gehalten, selbst mucho macho Bane. Zumindest bis Amanda Waller die künftigen Mitglieder des Batman-Telltale-Suicide Squads in ihre Finger bekommt. Die Story beginnt allerdings weder mit Bane, noch mit Mr. Freeze oder Harley Quinn, sondern dem eher unscheinbaren Riddler.

Darstellungen des Riddlers gibt es dank Batman Forever, Gotham und The Batman nun mehrere und im Fall von The Enemy Within haben wir es mit einem der weniger durchgeknallten Riddler zu tun, der dafür aber auch weit über "das Ziel hinaus schießt" und in seinem Endgame eine Batterie Lenkraketen nach Gotham geschleust hat. Die Backstory des Riddlers wird diesmal zudem mit Amanda Wallers Agency verbunden. Riddlers Rachefeldzug gegen Waller ist jedoch nur ein Vorspiel für den späteren Plot in welchem man sich sowohl als Bruce Wayne, wie auch als Batman im Netz Amanda Wallers verfangen hat und eine der vielleicht interessantesten Joker-Stories des Batman-Franchises miterleben darf.

John Doe hat in dieser Season seinen wirklich großen Auftritt und er ist anders als erwartet, auch weil man Johns Schicksal maßgeblich mitbestimmen und beeinflussen kann. Während die Origin Story des Jokers oft geheimnisumwittert bleibt wissen zwar auch von Johns Leben vor Arkham wenig, aber wir erfahren zumindest wie es ihm seit seiner Entlassung aus der Anstalt (am Ende der letzten Season) ergangen ist. John hat Schwierigkeiten mit dem Leben in der chaotischen Freiheit und er ist auch gleich mal in ein kriminelles Umfeld abgerutscht, in welchem er auch Harley Quinn unterkam. In den meisten Joker-Geschichten scheint es anders zu laufen, doch in Telltales Joker-Geschichte ist Harley der treibende Partner in ihrer Beziehung und John hängt ihr bei jedem Wort an den Lippen. Joker als Handlanger Harley Quinns muss zwangsläufig irgendeinem Online-Giganten sicher sauer aufgestoßen sein, aber es passt im Zusammenhang der Story eben. John Doe ist an sich kein übler Bursche und selbst Harley ist nicht ganz so abgrundtief verdorben oder verloren, aber im Gegensatz zu John hat Harley aus unerfindlichen Gründen eben ein kriminelles Leben eingeschlagen und sie John mit sich in eine Spirale aus Verbrechen und Gewalt.

 

Dass John Doe noch lange nicht der Joker ist gibt Bruce Wayne die Chance seinem "Freund" aus Arkham eine helfende Hand zu reichen und gegen das aus Sicht der Batman-Kenner unabwendbare Schicksal anzukämpfen. Gibt es einen Weg John Doe davor zu bewahren der Joker zu werden?

Jein! Die Story von The Enemy Within erlaubt es John dazu zu bringen, Batmans Ideal zu folgen und eine Art Rächer zu werden, wofür er auch einige von Batmans Gadgets und dessen Look zu kopieren versucht. Dieser Teamup ist allerdings durchaus problematisch, denn als Robin ist der Joker wohl der schwierigste Sidekick den sich Batman vorstellen. Der Joker, wie auch mancher Robin, sieht Batmans strikte "no killing" Richtlinie als Hindernis (womit er indirekt ja auch Amanda Waller zustimmt, die ihrerseits keine allzu großen Skrupel beweist, wenn es darum geht einen "Job" zu Ende zu bringen). Man kann es aber zumindest mit dem Joker als Sidekick versuchen und auch wenn sich das Ende nicht vermeiden lässt, dem Joker immer beigstanden und die Stange gehalten zu haben macht das Finale umso persönlicher, wenn John endgültig über die Stränge schlägt. Ist das ein Spoiler? Ja, sicherlich, aber es ist der eine Spoiler der mich auch angetrieben hat John davor zu retten zum Joker zu werden und so das umso bitterere Ende zu erleben.

 

Nach allem was man mit Harvey Dent in Season 1 erlebt hat war zumindest ich darum bemüht, alles zu unternehmen, um zu verhindern, dass auch John zu einem gewissenlosen Massenmörder wird. Vielleicht ist es mir auch daher so wichtig gewesen, Harley Quinns Flirtversuche abzuwehren, nachdem ich ja gesehen habe, wie Batmans One-Night-Stand mit Catwoman dazu beigetragen hat, dass Harvey Dent zu Two-Face wurde. Letztendlich lässt es sich zwar auch mit den besten Absichten nicht verhindern, dass der Joker zum mehrfachen Mörder wird, aber ich vermute, dass er zumindest nicht zum völlig gewissenlosen Serienmörder wird, der auch hinter Gittern nicht aufhören würde Schrecken und Terror zu verbreiten. 

Allerdings muss ich auch Amanda Waller in einigen Punkten recht geben. Gothams Polizei ist nicht immer effektiv und ohne Jim Gordon fehlt auch eine Garantie dafür, dass der Polizeiapparat nicht wieder von Korruption lahm gelegt und fehl geleitet wird. Gleichzeitig hat Waller aber eben kein Problem ihre Agenten mit scharfer Munition schießen zu lassen, um Kriminelle wie John Doe gezielt hinzurichten. The Enemy Within stößt Batman in ein Meer aus moralischen Grauzonen, in welchem kein Land in Sicht zu sein scheint. Hält man seinem Freund John die Treue lässt man auch zu, dass dieser Amanda Waller und ihre Agenten attackiert, wobei er zum Mörder wird (oder schon geworden ist). So wie Waller mit ihrem Suicide Squad kann man auch als Bruce Wayne John eine Chance geben, sich für die möglichen Morde an Wallers Team (nach Johns Darstellung eröffneten die Agenten sofort das Feuer auf ihn und er tötete sie in Notwehr, es könnte aber auch anders gewesen sein) im Funpark in den Dienst einer höheren Sache zu stellen. Um ganz auf der hellen Seite zu bleiben müsste man John wohl schon vorzeitig aufgeben, indem man ihm seine kriminellen Handlungen vorhält (während man aber gleichzeitig "undercover" aber auch in ähnliches verwickelt ist). Im Glashaus zu sitzen macht es nicht leicht mit Steinen zu werfen - und genau das gefällt mir so an The Enemy Within. Es erinnert mich an das Finale von Dragon Age 2, in welchem man im Grunde auch nichts verhindern und damit "richtig" machen konnte.