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Hübsche Grafik und unerwartet fordernde Kämpfe (Kena: Bridge of Spirits - Review)

Was in meinen Augen zunächst nach einem hübschen Plattformer wie Stray aussah, bot dann doch unerwartet herausfordernde Kämpfe...

 

Bei den Game Awards 2021 gewann Kena in den Kategorien Best Debut Indie Game und Best Independent Game, während Stray diese Preise 2022 heimbrachte. Interessanterweise traten beide Spiele doch 2022 bei den Steam-Awards gegeneinander an, da Kena zuerst konsolenexklusiv und dann exklusiv für Epic Game Store veröffentlicht wurde - auf Steam schaffte es das beste Indie-Game des Jahres 2021 erst im September 2022. Stray und Kena waren bei Steam aber auch nicht in den gleichen Kategorien nominiert, denn Stray war im Rennen als Game of the Year und Most Innovative Gameplay (die Kategorie in der es sogar gewann), während Kena sich in der Sparte Outstanding Visual Style nicht gegen Spider-Man: Miles Morales durchsetzen konnte. Ich rechne es Insomniac zwar auch hoch an, dass Miles Morales verglichen mit Spider-Man: Remastered noch ein Schäufchen drauf gelegt hat, aber Kena erscheint mir doch beeindruckender.

 

 

Als jemand der alle drei Spiele gespielt hat und vor allem Stray vor Kena spielen konnte bin ich mit den Ergebnissen der Steam Awards 2022 nicht ganz zufrieden. Kena hätte in der Kategorie für den außergewöhnlichen visuellen Stil meiner Meinung nach durchaus gewinnen sollen und dass Stray in dieser gar nicht nominiert war finde ich korrekt, weil Stray trotz hübscher Grafiken nicht ganz so herausragend war wie andere Anwärter. Alles in allem würde ich Kena jedoch als das bessere Spiel einstufen. Strays Katzen-Gameplay ist zwar innovativ, aber unterm Strich ist es ein Plattformer mit entsprechend eingeschränkten Handlungsoptionen. Da bekommt man durchaus was man erwartet und sich vorgestellt hat. Und so ganz fremdartig ist das Plattformer-Gameplay als Katze dann auch wieder nicht.

 

Kena hat mich hingegen deutlich überrascht. Stray und Kena sind visuell hübsch anzusehende Indie-Games und beide lassen sich Plattformer bezeichnen, Kena hat aber das gewisse Etwas, das es Stray in meinen Augen überlegen macht - ein unerwartet herausforderndes Gameplay. Kena ist völlig anders, als ich es mir erwartet hätte. Ein Spiel das wie Stray als Indie-Game ausgezeichnet wird, als Plattformer gilt und wegen seiner Grafik gerühmt wird, die zudem fast zuckersüß anmutet - da rechnet man nicht mit Kämpfen die mit Gegnern gespickt sind, die einem tatsächlich bestimmte Strategien, sowie Ausweichen und Blocken abverlangen. Es wundert mich nicht, wenn bei Kena-Reviews auch schon mal der Vergleich mit Dark Souls vorkommt. Kenas visueller Stil täuscht über ein Kampfsystem hinweg, das richtig Spaß machen kann, weil man im ersten Playthrough erst herausfinden muss, wie man Bosse oder neu auftretende Gegnertypen besiegen kann. Sich Skill-Upgrades zu verschaffen erleichtert einem vielleicht manches (etwa indem man dann mehr Pfeile im Köcher hat), aber man levelt im Endeffekt keine Stats hoch, sodass man immer gleich stark oder schwach bleibt (einzige Ausnahme sind die zu findenden Meditationsplätze, nach deren Besuch sich die HP Kenas erhöhen). Es gibt kein Überleveln oder Grinden, das einem das Leben erleichtert und wenn man einen Gegner mit der völlig falschen Waffe angreift, senkt das dessen HP-Leiste in bestimmten Fällen um 0%.

 

Nach einigen anderen für Preise nominierten Spielen bereits etablierter Studios kommt mir Kena für einen Indie-Erstling unerwartet perfekt vor. Die Rätsel im Spiel waren nicht zu hart zu knacken, aber sie trieben mich auch nicht durch Steuerungsprobleme zur Weißglut - es passte einfach alles. Und die Kämpfe forderten mich heraus, herauszufinden, was ich überhaupt tun muss, um einen Gegner zu verletzen. Die Geister-Schmiedin führte mich etwa sprichwörtlich an der Nase herum, weil ich nicht wusste, dass man mehrere Pfeile auf ihre Energiequelle abschießen musste. Mit einem einzelnen Treffer war es nicht getan und selbst 2 reichten noch nicht. Mehrere Treffer in die rotierende Energiequelle muss mit nur wenigen Metern Abstand zum auch nicht still stehenden Boss aber auch erst landen. Vielleicht liegt es nur an mir, aber Kena war eines der wenigen Spiele, bei dem ich nicht den Eindruck hatte, dass man ohne Guides in der Spielewelt verloren gehen kann. Die Rätsel waren lösbar, die Kämpfe waren verständlich und mit roher Gewalt via Überleveln durchzubrechen war erst gar nicht möglich. Man war aber eben auch gezwungen sein Köpfchen zu benutzen. Kena ist eines dieser Spiele, bei denen man für jeden Bosskampf mit einem anderen Moveset und Mechaniken rechnen muss. Das klingt simpel, ist aber nicht so ganz selbstverständlich.

 

Selbst die Story von Kena hat mich stellenweise doch bewegt, wenn auch vielleicht nicht ganz durchgehend. Den Steam Award für das herausragende Spiel mit tiefgründiger Story hat sich God of War einfach verdient, aber vielleicht hätte man Kena doch auch eine Nominierung in dieser Kategorie zugestehen können. Wäre die Frage welchem Nominierten es den Platz streitig machen könnte, denn leider habe ich von diesen nur Spider-Man und God of War gespielt. Die Uncharted-Collection, The Stanley Parable und das A Plague Tale-Sequel stünden allerdings auf meiner To Play- bzw. Wunschliste. Irgendwann könnte ich die Antwort also doch für mich finden.