· 

Warum ich Terminator 4 immer noch für gut halte

Terminator 4 hatte alles um zu einem furiosen Sequel zu werden, aber das Endergebnis überzeugte leider nur die wenigsten...

Sorry, wenn ich nicht darauf eingehe was Terminator 4 am Ende zu einem gescheiterten "Reboot" machte (als Terminator 4 war es meinem Verständnis nach eigentlich noch ein Sequel zu Terminator 3), aber man darf sich von einem Actionfilm meistens ohnehin kein so tiefgründige Story erwarten. Terminator 4 hatte zwar Ambitionen, aber es konnte diese im angestammten Genre wohl einfach nicht zur allgemeinen Zufriedenheit erreichen.

 

Für mich hat Terminator 4 als Film eine ganz besondere Bedeutung. Noch nie zuvor und auch nicht seither konnte ich derart exklusive Vorpremierenkarten ergattern und dann auch noch als erster den Saal betreten. Ich durfte den Film sehen, noch ehe die lokalen Pressevertreter ihn schlecht reden konnten.

 

T4 kam aber auch mit einigem Hype daher, denn die Besetzung umfasste 2009 Stars wie Christian Bale, Sam Worthington, Anton Yelchin, Bryce Dallas Howard, Helena Bonham Carter und Michael Ironside. Sam Worthington kam dank Avatar gerade groß raus, Anton Yelchin galt als Nachwuchsstar und Christian Bale ruinierte sich mit einem Vorfall bei den T4-Dreharbeiten seinen guten Ruf. Jonathan Nolan schrieb sogar am Drehbuch mit. Da schien ein Erfolg in der Klasse einer nolanschen Dark Knight-Trilogie doch in greifbarer Nähe.

 

Was an Begleitwerken zum Film auftauchte war nicht weniger beeindruckend, denn neben einem Buch zum Film von Alan Dean Foster (der Star Wars- und Star Trek-Fans bekannt sein könnte) gab es auch einen Prequel- und Sequel-Roman von niemand geringerem als den Hugo Award-Gewinner Timothy Zahn (der Star Wars-Fans deutlich bekannter sein dürfte). Interessanterweise erwies sich aber die zweite Prequel-Story zum Film aus der Feder des weniger bekannten Greg Cox als das beste dieser Bücher (einer Meinung der ich mich anschließen kann) und gewann 2010 sogar einen Scribe Award der International Association of Media Tie-in Writers. Und natürlich gab es auch ein Videospiel zum Film, das sich zwar nicht als Kassenschlager erwies, aber via Splitscreen sogar auf einem PC im KoOp-Modus spielen ließ. 2009 war außerdem das Jahr in dem die zweite Season der höchst sehenswerten Terminator: Sarah Connor Chronicles zu Ende ging (mit Lena Heady aka Königin Cersei Lannister als Sarah Connor).

  

Wie man vielleicht bereits erahnt, ich habe die Bücher allesamt gelesen und auch das Spiel gekauft (und sogar zweimal abgeschlossen, einmal solo und einmal im KoOp-Modus). T4 war einfach dieses große Ding und die Involvierung von Foster und Zahn ließ es doch als möglich erscheinen, dass selbst der eher mäßige finanzielle und kritische Erfolg des Films wie im Fall von Star Wars ein Expanded Universe entstehen lassen könnten. Leider gelang es Timothy Zahn aber nicht eine neue Thrawn-Trilogie für Terminator 4 zu Papier zu bringen und es wäre wohl auch vergebene Liebesmüh gewesen, da die geplante Filmtrilogie am Ende wegen eines Rechtestreits und Konkursverfahrens der Rechteinhaber aufgegeben werden musste. Zahns beide Terminator-Romane waren in meinen Augen aber auch bestenfalls mittelmäßig und nicht das, was ich mir von einem Timothy Zahn erwartet hätte. Genauso enttäuschend entpuppte sich Alan Dean Fosters Romanadaption des Drehbuchs als ziemlich plump, etwas das er meiner Meinung nach wie im Fall seines Romans zu J.J. Abrams Star Trek auch schon besser hinbekommen hätte. Fosters Leistungen sind aber in meinen Augen ohnehin eher durchwachsen. Er war einmal der Ghostwriter des Buchs zu Episode IV, was ich auch als wenig beeindruckend bezeichnen würde. Sein bestes Star Wars-Werk ist für mich immer noch das Sequel zu Episode IV - Splinter of the Mind's Eye, das nach dem Release von "Star Wars" als Fortsetzung der Story angelegt war, sollte George Lucas keine Episode V drehen können. Ansonsten steuerte Foster das wenig erinnerungswürdige The Approaching Storm bei, das als Prequel zu Episode II gedacht war und angesichts der späteren Bedeutung dieses Films und der Klonkriege völlig enttäuschend wirkt. Selbst einige der Jedi Quest-Jugendbücher sind besser gelungen als dieser offizielle Tie-in. Und natürlich hatte Foster auch die Ehre die Selbstüberschätzung der Sequel-Trilogie zu stützen, da er die Romanadaption von Episode VII schreiben durfte.

 

 

Kein Reboot?

 

Im Vergleich zu den neueren Reboot-Versuchen des Terminator-Franchise ging Terminator 4 noch eine ganz andere Route - man ließ die Geschichte nach Terminator 3 einfach weiter laufen und versetzte die Story so in John Connors dystopische Zukunft. Ganz ohne Zeitreisen und Versuche die Geschichte neu zu schreiben. Terminator 4 war somit ein echtes Sequel, hatte aber wegen der Zeitreisen in Terminator 1-3 auch die Möglichkeit ein Prequel zu werden, nur zur geplanten Trilogie und der möglichen Entdeckung von Zeitreisen, sowie dem Reprogrammieren von Terminatorn kam es leider nicht. Seit T4 schrecken Terminator-Filmemacher scheinbar davor zurück jemals wieder in die Zukunft zurück zu kehren, dabei würde ich den Film keinesfalls als so schrecklich bezeichnen, dass er einem die Postapokalypse so vermiest haben kann. Aber man glaubt eben mit Terminator 2-Nostalgie viel eher einmal einen Erfolg "wie Terminator 2" heraufbeschwören zu können. Ich finde das schade, denn egal wie man die Formel nun ändert, es bleiben doch Versuche Terminator 2 neu zu erfinden, dabei hätte das Franchise doch mehr zu bieten. Das More of the same kommt scheinbar ohnehin nicht gut an, egal wie man es nun mit neuen Nachwuchsstars oder Casting-Entscheidungen abmischt.

 

 

Der Reboot

 

 

Einen buchstäblichen Reboot erfährt in Terminator 4 Marcus Wright (gespielt von Sam Worthington). Nicht weil er schon in einem früheren Terminator-Film schon vorkam, sondern weil er eben tatsächlich neu hoch gefahren wird. Marcus ist der Protagonist des Films, der ganz zu Beginn in der "Gegenwart" mittels einer Giftspritze hingerichtet wird. The End...

 

Nur eben doch nicht, denn Marcus Einwilligung seinen Körper nach seinem Tod für wissenschaftliche Experimente führt nicht dazu, dass er irgendwo auf einem Seziertisch für Medizinstudenten landet, sondern er wird von einer Unterabteilung Cyberdynes kassiert. Marcus Wright war zumindest Amerikaner, der frei über seinen Körper verfügen durfte. In heutigen Zeiten gibt es aber einige sehr beunruhigende Berichte über undemokratische Staaten in Asien, die politische Häftlinge als Organspender missbrauchen. Man stelle sich vor Cyberdyne-Systems hätte sich da auf einen joint venture eingelassen. "Zeitgemäß" könnte  man Terminator 4 im Jahr 2023 schon fast zu einer Horror-Story machen, man würde aber wohl diplomatische Sanktionen Chinas dafür in Kauf nehmen müssen.

 

Marcus Wright ist auf seine Weise auch der wohl menschlichste Terminator, denn er hat buchstäblich ein menschliches Herz (und Gehirn). Skynet hat Cyberdynes Forschungen weitergeführt und Marcus wurde zu einem Cyborg der die Brücke zum T-800 schlägt. Marcus neuer Körper ist praktisch eine Rekonstruktion seines alten, nur wurde dieser eben auf einem Terminator-Endoskelett aufgebaut und man ließ ihm als Experiment einige seiner menschlichen Organe. Auch spätere Terminator-Filme haben mit dieser Idee des Transhumanismus gespielt, aber Marcus war keines dieser bereits perfektionierten Modelle sondern noch ein Prototyp, quasi der Ghost in the Shell. Marcus ist zudem keine willige Marionette Skynets und erlebt quasi eine Zeitreise in reverse, denn er wacht in einer ihm völlig fremden Zukunft auf und muss nun lernen in dieser zu überleben. Gleichzeitig weiß er noch nichts davon, dass er nun kein Mensch mehr ist und im Weltbild des Widerstands praktisch als Terminator zählt. Vor seiner Hinrichtung war Marcus jemand der einen sehr problematischen Lebensweg verfolgt hat, am Ende aber durchaus so etwas wie Reue empfand. Marcus schien willig seinen Tod als Strafe zu akzeptieren. Doch seine Bereitschaft seine sterblichen Überreste für die Wissenschaft und möglicherweise für die Heilung anderer Menschen zu verwenden, wurde schlussendlich von Skynet missbraucht. Auf gewisse Weise kehrt Marcus als eine Art rachsüchtiger Geist ins Leben zurück, da er um seinen letzten Willen betrogen wurde. Die Vorstellung, dass Skynet einfach so jemanden wieder zum Leben erweckt, der eigentlich schon mit allem abgeschlossen hatte kann auch erschreckend sein. Die Reanimation von Marcus Gehirn und Herz lässt die Frage offen, ob auch seine Seele wiederhergestellt wurde, sofern man an eine solche glaubt. Meiner Meinung nach hat Marcus nichts von seiner Menschlichkeit verloren und diese durch seinen vermeintlichen Tod sogar zurück gewonnen. Der Judgement Day mit seinen religiösen Untertönen war ja nicht nur für Marcus eine Chance sich von seinem alten Leben zu befreien, denn jeder Überlebende war vom Untergang der alten Welt betroffen und musste sich in dieser neuen Welt zurechtfinden.

 

In T4 gibt sich Skynet noch große Mühe den Widerstand zu infiltrieren, was etwa zum T-600 geführt hat, einem mit Lumpen behängten Terminator-Endoskelett, dem eine Gummimaske als Gesichtsbezug dient. Da ist der Terminator noch klar erkennbar, aber für Überlebende die ihre Brillen, Kontaktlinsen oder generell die Sehfähigkeit verloren haben könnte der Trick hin und wieder schon funktionieren. Dass sich Skynet dieses Tricks bedient lässt aber auch einen der Story-Spins von Terminator 4 erkennen, Skynet hat das gezielte Töten von Menschen wohl von Menschen gelernt. Marcus Wright war ein zum Tode verurteilter Mörder, der für medizinische Experimente missbraucht wurde, aber so wie ihn dürfte es noch andere Häftlinge gegeben haben, die in Skynets Hände fielen. Skynet könnte von diesen Mördern und Serienmördern durchaus etwas gelernt haben, das in die Programmierung der Terminatoren eingeflossen ist.

 

Der erste Terminator wäre also wohl eine menschliche Killermaschine gewesen und Skynet hat diese nur kopiert, um mit der Menschheit fertig zu werden. In anderen Worten, Skynet wendet wieder einmal die Waffen der Menschheit gegen diese selbst. Nach Nuklearsprengkörpern ist es nun die menschliche Gestalt eines gewissenlosen Mörders. Skynet erfindet nicht, sondern es kopiert und entwickelt nur menschliche Ideen weiter. Die Maschinen haben die Menschheit zwar besiegt, aber sie finden in der Form Skynets keine eigene Identität. Terminatoren sehen auch wie Menschen aus, weil Skynet zu keiner Kreativität in der Lage ist und es will die Menschheit weiterhin auslöschen, weil es auf diese Weise programmiert wurde. 

 

 

Das Alte steht dem Neuen im Weg

 

Im Film wie auch den Tie-in-Romanen wird auch deutlich, dass T4 noch ein Stück weit von der Zukunft aus T1 und T2 entfernt ist. Der Widerstand steht in T4 noch unter Führung einer Gruppe von Vor-Judgement Day-Offizieren und scheint auch sonst noch stark von ehemaligen Militärs abhängig zu sein. Aus den Tie-in Romanen geht hervor, dass dieser "offizielle" Widerstand aus ehemaligen Zivilisten zusammengesetzte Milizen nicht allzu energisch unterstützt und auch gegenüber John Connor und dessen "wilde Geschichten" hat man gewisse Vorbehalte. Connor ist in T4 zunächst nur ein kleines Rädchen in der Maschinerie eines Widerstands, der scheinbar immer noch einiges an Kriegsmaterial des US-Militärs zu besitzen scheint, wie A-10 Kampfbomber, V-22 Transportflugzeuge, Drohnen für gezielte Raketenschläger und eine ganze Reihe von Hubschraubern.

 

Was John Connor von der "Militärführung" des Widerstands unterscheidet ist seine Einstellung. Bei seinen Radio-Sendungen verkündet er, dass jeder der diese hört ein Teil des Widerstands sei. Und er gibt wertvolle Tipps für den Kampf gegen die Terminatoren. Wie Interviews zum Release von Terminator 4 seinerzeit verlautbarten, hat Regisseur McG sein Produktionsteam angewiesen, unbedingt Philip K. Dicks "Do Androids Dream of Electric Sheep?" (die Romanvorlage von Blade Runner, Dick hat aber auch noch die Vorlagen von Minority Report und Total Recall geschrieben) zu lesen. Mir scheint, dass sich Connors Quasi-Podcasts aber auch an einem anderen Buch von Dick orientieren könnten, nämlich "Dr. Bloodmoney, or How We Got Along After the Bomb" in welchem es die Radio-Ausstrahlungen des im Erdorbit gestrandeten Mars-Kolonisten Walt Dangerfield sind, welche den Überlebenden eines Atomkriegs auf der Erde Hoffnung geben.

 

 

Mit Connors Verweis auf Widerstandsnester auf der ganzen Welt und der Existenz von Captain Losenko im Oberkommando des Widerstands wagt Terminator 4 es auch, zumindest anzudeuten, dass der Kampf gegen Skynet eine globale Affäre ist und sich nicht lediglich auf Kalifornien beschränkt.