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Uncharted 4: Eine kleine Weltreise mit dem großen Bruder (Review)

Nach einem Planeten voller Weltraumpiraten, auf zur Suche nach einem Piratenschatz...

Die Uncharted: Legacy of Thieves Collection gehörte zu den Playstation PC-Ports die 2022 sofort auf meiner Wunschliste landeten, nachdem sie erstmals auf Steam gelistet wurden. Ironischerweise begann mein Interesse und meine "Sammelleidenschaft" auch damit, dass sich die Gerüchte häuften Ghost of Tsushima würde für PC kommen. Mittlerweile haben wir 2023 und mit God of War, Spider-Man, The Last of Us und Horizon Zero Dawn sind einige konsolenexklusive Klassiker auf dem PC gelandet, aber das einst als Debüt-Projekt geltende Ghost of Tsushima ist immer noch ein sehr illusives Gerücht - wie es sich für einen Geist wohl gehören sollte. Die Uncharted Collection habe ich 2022 gekauft, ehe ich bemerkt habe wie viel Speicherplatz (rund 120 GB) sie tatsächlich brauchen wird. Diese Dimension hat mich derart böse überrascht, dass ich nun fast ein Jahr keinen geeigneten Platz für die beiden Spiele (die Collection enhtält Uncharted 4 und das Spinoff The Lost Legacy) konnte oder wollte. Was mich auch noch aufhielt, war der Umstand, dass ich seinerzeit mitten in Shadow of the Tomb Raider die Lust am Springen, Klettern und mich durch Söldnerhorden morden verloren hatte. Dieser Eindruck hat quasi das ganze Genre für mich überschattet. 2023 konnte ich mich überwinden, Shadow of the Tomb Raider neu zu starten und auch endlich abzuschließen. Mit etwas Zähneknirschen, denn meine fehlende Begeisterung von damals hatte sich nicht gelegt. Da wäre Uncharted wohl weiterhin liegen geblieben...

 

Wäre nicht Jedi: Survivor erschienen und hätte mich daran erinnert, wie spaßig Action Adventures sein können, auch wenn Survivor einige Schwächen hatte und mich so manche Sprungpassagen fürchten lehrte. Da Survivor und Fallen Order aber immer wieder lobend mit Dark Souls und Uncharted verglichen werden, dachte ich zumindest daran, dass ich mir diesen Uncharted-Vergleich vielleicht genauer ansehen könnte. Für Dark Souls fehlt mir wahrscheinlich die Frustrationstoleranz. 

 

Nach Uncharted 4 kann ich zwar erkennen, dass sich Survivor und Fallen Order bei einigen Passagen an Uncharted orientiert haben dürften, aber ich sehe hier keine überwältigenden Ähnlichkeiten. Was mich an Uncharted fasziniert hat und im Gegensatz zu den Jedi-Spielen steht, ist der Umstand, dass man gefühlt mehr Möglichkeiten hat, um die Kletteraufgaben zu lösen. Und diesen laufen meinem Eindruck nach in Uncharted auch erheblich smoother ab. Ich bin jedenfalls weit seltener gestorben, weil ich mich bei den Distanzen verschätzt habe. Ohne die Machtfähigkeiten eines Cal Kestis schien es mir weit einfacher, mich durch die Welt zu bewegen. Aber vielleicht will die Jedi-Serie auch unter den Action Adventures auch soulslike Entdeckerpassagen haben. Survivor ging mir zeitweise sogar auf die Nerven und meine Erwartungen durch das "Uncharted in space" war für das echte Uncharted eigentlich ein Kletter-Overkill. Aber ich wurde angenehm überrascht.

 

Uncharted 4 wirkte in seiner Erzählweise, der Animation und der Story eher einem echten Film, etwas das den Jedi-Spielen auch gut getan hätte. Aber im Vergleich mit dem Original würde ich etwas bitter festhalten, dass man sich bei Fallen Order und Survivor vielleicht etwas zu sehr hinter der Marke Star Wars und dem soulslike Aspekt versteckt. Die Story in Survivor hätte imo jedenfalls besser umgesetzt werden können, auch soweit es die Erzählweise und Animationen betrifft. In Uncharted fühle ich mich in jeder Zwischensequenz wie in einen Hollywood-Blockbuster versetzt und von den Bewegungen bis zum Voice Acting ist alles perfekt abgestimmt und auf einem völlig anderen Level. Vielleicht scheitert es bei EAs Kopierversuchen am Budget oder auch fehlender Expertise bei den Entwicklern. Naughty Dog liefert jedenfalls etwas ab, das ich als Goldstandard bezeichnen würde und das Studio hat auch The Last of Us Part 1 und 2 entwickelt - während EA die verdiente Naughty Dog-Veteranin Amy Hennig auf die Straße gesetzt und ihr Star Wars-Projekt eingestellt hat. Jetzt arbeitet Hennig mit einem neuen Studio an einem neuen Star Wars-Projekt und ich kann mir nur wünschen, dass dieses von Hennigs Naughty Dog-Connection profitieren wird. Star Wars könnte ein Spiel im kinoreifen Stil einer Naughty Dog-Produktion sicher ganz gut vertragen.

Zugegeben, der PC-Port der Uncharted Collection hatte bei mir durchaus das eine oder andere Problem mit einem leichten Stottern. Viel schlimmer finde ich aber den extremen Leistungshunger dieses Ports, der meine arme RTX 3060 für meinen Geschmack etwas zu warm laufen lässt. Natürlich, was wäre ein PC-Port schon, wenn man die Grafik nicht bis zum Anschlag hochdrehen kann. So wäre das Spiel aber nichts, das ich noch bei echten sommerlichen Temperaturen spielen würde. Und die 124,12 GB stimmen mich auch nicht gerade sehr zufrieden, auch wenn es sich de facto um 2 Spiele handelt, die man leider nicht getrennt voneinander installieren kann.

 

Uncharted: The Lost Legacy steht wohl demnächst noch bei mir an, aber zuerst möchte mich noch über Uncharted 4: A Thief's End auslassen. Die Story spielt zwar ganz klar nach Uncharted 1-3, eignet sich aber auch für einen Uncharted-Einsteiger wie mich, um mich in der Welt von Nathan Drake zurechtzufinden. Nach drei Spielen scheint sich Drake am Beginn von Uncharted 4 mittlerweile zur Ruhe gesetzt zu haben, indem er sich seinen Lebensunterhalt nun legal als Bergungstaucher verdient. Durch eine Rückblende ganz zu Beginn wissen wir aber auch schon, dass Nate in Erinnerungen an seinen scheinbar verstorbenen Bruder Sam schwelgt. Sam ist scheinbar schon früh in Nates Karriere Opfer eines gescheiterten Beutezugs geworden. Doch nun, 15 Jahre später taucht er wieder auf und braucht dringend Nates Hilfe, um sich mit 200 Millionen Dollar aus einem Piratenschatz aus der Schuld eines mittelamerikanischen Verbrecherbosses freizukaufen...

 

Was beginnt ist eine Schatzsuche, die uns von Nordamerika nach Italien, Schottland und Madagaskar führt. Wer Screenshots des Spiels kennt, wird aber auch oft mit dieser Szene beglückt...

Uncharted 4 hat gerade in der Mitte einige Fahr-Passagen, aber ich muss schon sagen, dass sich das Spiel wirklich Mühe gegeben hat bei den Rätselaufgaben und auch den Fahr-Aufgaben logisch zu wirken. Ich für meinen Teil bin, für mich selbst überraschend, im gesamten Spiel erstmals auf keine Passage gestoßen, wo mir ein Guide sagen musste, was eigentlich zu tun ist (am krassesten war da für mich eine gewisse Höhle in Jedi: Fallen Order). Da wurden die Umgebungen nicht einfach irgendwie hingeklatscht, sondern tatsächlich auch auf ihre Spielbarkeit abgeklopft - oder es wirkt nur so und Naughty Dog hat einfach eine übernatürlich hohe Quote für nachvollziehbare Level Design-Entscheidungen. Für einen Casual wie mich ist es in den meisten Fällen schlichtweg zu viel verlangt, mir über zig Stunden hinweg das übliche Level Design eines bestimmten Studios anzueignen, nur um dann in dessen aktuellen Titel mehr Spaß als Frustration zu haben. Da lobe ich mir den Zugang von Naughty Dog.

 

Etwas das am Uncharted-Franchise gerne kritisiert wird ist allerdings auch wie oft man in den Kampf mit wie geklont wirkenden Söldnertruppen verwickelt wird. Da wird der Unterschied zu einem Far Cry teils sehr gering, wenn man sich in einem vergleichbaren exotischen Setting mit irgendwelchen "Klontruppen" herumschlagen muss und mehr wie John Rambo anstatt wie Henry "Indiana" Jones wirkt. Der Shooter-Aspekt hält sich aber auch irgendwie zurück. Man kann zumindest in Uncharted 4 keine Perks für höheren Schaden, extra Munitionsclips oder ähnliches freischalten. Und man kann nur zwei Waffen (ein Gewehr und eine Pistole) bei sich führen, die man zudem im Spielverlauf durch Stürze und ähnliches so oft verliert, dass es auch kaum Spielraum für die Implementierung von Waffen-Skins gegeben hätte. Bei den Shooting-Gallerien fühlte ich mich sogar zeitweise an Arcade Games zurückversetzt, doch es empfiehlt sich die Deckung entsprechend seiner Gegner anzupassen. Oftmals kommt man in Situationen, in denen man in den Ruinen aus fast jeder Richtung beschossen werden kann. Allerdings wird man in diesem Kampf-Zustand nicht daran gehindert seine üblichen Kletter- und Sprung/Schwung-Fähigkeiten einzusetzen. Mit diesen wird man zwar zu keinem zweiten Spider-Man, aber da man meistens sowieso durch die Gegnerhorden durch muss, um weiterzukommen, lohnt es sich allemal schon im Kampf die Grenzen des Bereichs auszukundschaften und dabei einigen Söldnern überraschend in den Rücken zu fallen.

 

Stealth ist etwas womit Uncharted 4 auch aufwarten kann, wobei dieses Element definitiv nicht so ausgebaut ist wie in Assassins Creed. Mit einer Detektions-Anzeige greift man aber zumindest auf ein visuell vertrautes Element zurück und auch die Stealthkills im hohen Gras sind etwas, auf das man nicht verzichtet hat. Wenn ich an Action Adventures denke, dann sind Stealth-Mechaniken auch fast immer ein Teil der Erfolgsformel - außer in Jedi: Fallen Order und Survivor, obwohl es genau dort mit der Macht (nicht zuletzt auch Merrins Stealth-Zauberei) und Geistestricks reichlich Möglichkeiten gäbe, gleich einen Stealth-Talentbaum zu etablieren. Die Fans von Pazifismus-Playthroughs würden sich sicher freuen. In Uncharted 4 kommt man als Pazifist allerdings nicht weit, denn die Söldner müssen beseitigt werden. Zumindest gibt es aber keine Bosskämpfe. Womit Uncharted 4 dafür aufwarten kann sind Verfolgungsjagden, die sich wie ich finde mit jedem Hollywood-Film a la Mission Impossible messen können. Panzerfahrzeuge sind in Uncharted 4 die neuen Helikopter - nahezu unbezwingbar und unaufhaltbar, wie ein Terminator auf vier Rädern. Nach Jedi: Survivor (wo man sogar "Helikopter" vom Himmel holen kann) erscheint mir selbst ein AT-ST besiegbar, aber Uncharted 4 hat mir klar gemacht, wie szenisch man solche Killermaschinen auftreten lassen kann. Man stelle sich ein Spiel vor, in dem man nicht nur einmal von einer Killermaschine wie Darth Vader verfolgt wird. Genauso fühlten sich die entsprechenden Passagen in Uncharted 4 für mich - wie das Finale von Jedi: Fallen Order. Da kann man nur davonlaufen. Und es macht trotzdem Spaß, denn die Panzerwägen schaffen es immer wieder die Umgebung auf sehr kreative Art und Weise zu zerstören, wenn man schon glaubt sie abgehängt zu haben. Natürlich ist das alles geskriptet und nicht dem Zufall überlassen, es trägt aber trotzdem zur Unterhaltung bei.

 

Die Story selbst wirkt vielleicht linear und sogar etwas vorhersehbar, aber das tut meiner Begeisterung keinem Abbruch. Die Charaktere sind nämlich bei weitem nicht so flach und es gibt einige Überraschungen auf diesem vermeintlich vorhersehbaren Weg. Was ich für eine simple Schatzsuche hielt und mich zwischendrin kurz spekulieren ließ, ob man die Tomb Raider-Karte zieht und einfach so einen Stammt Eingeborener zur dritten Fraktion macht, entlockte mir durchaus einige Begeisterungs-Momente. Ich muss aber auch zugeben, dass ich ein Fan von Indiana Jones, Fluch der Karibik und den "National Treasure"-Filmen mit Nicholas Cage bin. Uncharted 4 hat zudem eine sehr hochkarätige Besetzung, wie Nolan North (den ich auch als Desmond Miles aus Assassins Creed und natürlich als DEN Jedi-Botschafter in SWTOR kenne), Troy Baker (Zenith und Theron Shan in SWTOR, Pagan Min in Far Cry 4, Joel Miller in The Last of Us und unzählige andere Rollen) und Laura Bailey (Kira Carsen in SWTOR, Abby in The Last of Us Part II). An Laura Baileys vermutlich britischen Akzent als Nadine Ross musste ich mich aber erst einmal gewöhnen, es war verstörend ihre Stimme mit dem "falschen Akzent" zu hören. In The Lost Legacy soll sie sogar von einer Antagonistin zur Protagonistin befördert worden sein, das Sequel wird also ziemlich interessant. Und Claudia Black als Chloe Frazer (Morrigan in Dragon Age, Vala Mal Doran in Stargate) ist auch mit dabei.

 

Uncharted 4 ist für mich definitiv ein Spiel bei dem sich der Kauf gelohnt hat und auch wenn der Port nicht gerade perfekt läuft, ich hätte nichts dagegen, wenn man irgendwann auch die Drake Collection als PC-Port auflegen würde. Immerhin hat an Uncharted 1-3 auch noch Amy Hennig mitgearbeitet, die manchmal auch als Schöpferin des Uncharted-Franchise bezeichnet wird. Ihr Einfluss auf Uncharted 4 dürfte eher gering ausgefallen sein, da sie da schon beim Wechseln ihres Arbeitgebers war. Dafür hatte The Last of Us-Schöpfer Neil Druckman in Uncharted 4 eine entscheidende Rolle als Autor und Entwicklungsdirektor.