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As Dusk Falls (Review)

Ask Dusk Falls ist aktuell vermutlich eines der erfolgreichsten narrativen Spielerlebnisse und nachdem es 2022 tatsächlich einen Game Award gewonnen hat wurde es 2023 zumindest noch für einen BAFTA nominiert. Grund genug, mir diese Mischung aus einem Telltale und Quantic Dream-Spiel auch einmal genauer anzusehen...

Der Erfolg mit dem As Dusk Falls gesegnet ist hat 2023 auch mein Interesse geweckt, als ich mich nach potentiell interessanten narrativen Spielerlebnissen umgesehen habe. Und das Spiel hat die Anspielprobe überstanden, etwas das ich auch schon als Erfolg verbuchen würde. As Dusk Falls hat es mir aber auch schwer gemacht, der Titel des Spiels wirkt zumindest für mein Hirn etwas sperrig und trieb mich immer wieder dazu es mit "Until Dawn" oder "From Dusk Till Dawn" zu verwechseln. Meine Steam-Bibliothek macht es zum Glück überflüssig, dass Spiel wirklich nach dem Namen zu suchen, aber unterwegs nach dem Spiel zu googeln führte schon immer wieder dazu, dass ich mir statt des korrekten Titels eher die Chats merkte, in denen ich die richtige Schreibweise schon einmal verwendet hatte. Dazu kommt noch ein anderes schweres Vergehen, das Spiel braucht bei mir auf Steam über 60 GB, was mich nicht schlecht staunen ließ, immerhin kommen die meisten Life is Strange nicht einmal auf die Hälfte und haben dafür noch echte 3D-Animationen. Selbst die Batman-Telltales pendeln sich bei rund 19 bzw. 33 GB ein. Womit wir bei einem der potentiellen Deal Breaker dieses Spiels wären - der Grafik.

Der Animationsstil ist keine flüßige 3D-Animation, aber auch kein Standbild (die Bilder wurden von den Originaldarstellern/Sprechern abgeleitet und bewegen sich auch, aber eben schrittweise, wie bei kleinen Storyboards die man sich auf einen Block gezeichnet hat und dann beim Blättern "abspielt"). Das ganze kommt in meinen Augen den Telltale-Spielen am nächsten und auch vom Aufbau der Story sind einige Ähnlichkeiten erkennbar, es gibt solche aber auch zu anderen Spielen wie Life is Strange oder den Kreationen von Quantic Dreams. Am Ende jedes der sechs Kapitels bekommt man den jeweils getroffenen Entscheidungspfad und einige andere Stats präsentiert. Den Entscheidungspfad habe ich aus Spoilergründen hier einmal ausgelassen.

Ich komme halt nicht umhin auch die anderen potentiellen Negativfaktoren zu erwähnen, etwa, dass das Dialogsystem fast vollständig auf Quicktime-Events aufgebaut ist. Trifft man nicht innerhalb des Timers eine Dialogentscheidung trifft auch der aktive Charakter keine Entscheidung oder eine vom Spiel selbst ausgewählte. Ebenso gibt es Quick Time Events, in denen man schnell hintereinander bestimmte Handlungen ausführen muss, um etwa ein Türschloss zu knacken, einem Angriff auszuweichen oder ähnliches. Was das Spiel in dieser Hinsicht vielleicht aber interessant macht ist der Umstand, dass es mehrere Spieler gleichzeitig spielen könnten. Das habe ich zwar nicht probiert, erinnert mich aber an manche Flashpoints in SWTOR, wo dann darum gewürfelt wurde, wessen Dialogauswahl angenommen wird. Insofern ist das Spiel vielleicht etwas mehr auf Gruppen- als auf Einzelspieler ausgelegt. Im Zusammenhang mit den Dialogen würde ich aber auch noch das Untertitel-System beklagen, welches in Ask Dusk Falls in meinen Augen eher ziemlich unsauber umgesetzt wurde.

Die Dialogzeilen scheinen mir von Größe und Design nicht wirklich eingeplant gewesen zu sein und wirken wie ein Nachgedanke, der später als Accessibility-Feature integriert wurde. Da bin ich besseres gewöhnt, zumal sich in einigen Fällen die sehr schnellen Dialoge dann fast überlagern. Dass es soweit kommen kann zeigt zwar auch, wie "cineastisch" es im Spiel zugeht, es kann aber durchaus nervig sein. Ich für meinen Teil habe die Dialogtexte dann einfach abgedreht, etwas das ich normalerweise nicht mache, da ich gerne besondere Momente und Zitate mit Screenshots abspeichere. As Dusk Falls hat mir diese Möglichkeit leider nicht gegönnt. Es ist auch vorgekommen, dass ich (wiederum von anderen Spielen verwöhnt) beim "Hydrieren" feststellen musste, dass die Dialoge einfach weiterlaufen und mir 20 Sekunden für einmal nachfüllen eindeutig zu kurz sind.

 

Jetzt wo ich mich schon über meine Ärgernisse an diesem Spiel ausgelassen habe fühle ich mich frei genug zu erklären, wieso ich es doch durchgespielt habe. Unter anderen Umständen könnte man davon ausgehen, dass ich so ein ärgerliches Spiel mit gewöhnungsbedürftiger Grafik, Timern und mich störenden Gamedesign-Entscheidungen links liegen lassen würde. Das ist übrigens wie ich meine Pile of Shame manage, wenn mich ein Spiel nach 1-2 Stunden Probezeit nicht überzeugen kann, landet es voraussichtlich auf meinem Spielefriedhof. Manchmal sind es auch mehr als diese 1-2 Stunden, aber ich versuche einfach zu vermeiden, mich durch Content zu quälen, mit dem ich gefühlt nur meine Zeit verschwende, weil ich nichts daraus gewinnen kann.

 

Ist es die Story die mich soweit aus den Socken gehauen hat, dass ich mich rund 7 Stunden nicht von diesem Spiel lösen konnte?

 

As Dusk Falls ist primär die in zwei "Bücher" und je 3 "Kapitel" aufgeteilte Geschichte eines Raubüberfalls, der völlig aus dem Ruder gelaufen ist. Dabei erfahren wir in Rückblenden immer wieder auch die Hintergrundgeschichten der jeweiligen Protagonisten und können damit sehr langfristig wirkende Entscheidungen treffen. Der Wechsel zwischen den Protagonisten ermöglicht es übrigens auch sich selbst zuzuarbeiten, wenn man vielleicht etwas bestimmtes erreichen will und hier kommt vielleicht auch das ganze Gruppen-Gameplay zum Tragen. Das Spiel wurde ähnlich wie Life is Strange (3): True Colors übrigens nie in Kapiteln veröffentlicht und die Trennung ist eher konzeptuell, um das Spiel in überschaubare Abschnitte zu gliedern. Die einzelnen Kapitel lassen sich wie in einem Life is Strange-Spiel auch wiederholen, etwa um verschiedene Story-Alternativen auszuprobieren.

 

Ein Raubüberfall irgendwo in Arizona hätte noch nicht mein Interesse geweckt, auch nicht wegen der Familienprobleme der Beteiligten oder der Geheimnisse die manche der Charaktere verbergen. Mir schien es gerade anfangs noch eher so, als ob die Geschichte viel zu amerikanisch wäre, um mich zu überzeugen. Aber irgendetwas hat gewirkt. Am Ende des ersten Kapitels konnte ich anhand der Visualisierung des Storyverlaufs (dabei wird auch angegeben wie viele Optionen es gab, ob frühere Entscheidungen sich auf diese auswirkten und wie die Verzweigung generell aufgebaut wäre - nicht zu vergessen führt man aber auch immer die Prozent an, wie viele Spieler sich für die jeweilige Option entschieden haben) aber sehen, was das Spiel zu bieten hatte und es wurde tatsächlich nicht zu versprochen. So gewöhnlich die Story vielleicht wirkt (Heist-Movies gibt es ja auch wie Sand am Meer), die Story-Verzweigungen haben es in sich. Da haben sich die Entwickler wirklich etwas getraut, denn manche Pfade sind nicht ganz so leicht zu erreichen und daher aus der Sicht besonders auf Streamlining bedachter Geister wohl kaum rentabel. Soviel Mut und Einsatz gehören meiner Ansicht nach belohnt, die Awards für As Dusk Falls sind daher in meinen Augen sicher verdient. Man hat hier wirklich mehr als solide Arbeit abgeliefert und sich auch hinsichtlich der Charakterentwicklung noch ziemlich Mühe gegeben. Die Ereignisse aus dem Mai 1998 bleiben nicht ohne Folgen und zeichnen alle Beteiligten. Am Ende kam mir die Geschichte fast etwas zu kurz vor, aber bei derart vielen Entscheidungsmöglichkeiten habe ich mit einem Playthrough auch nur an der Oberfläche gekratzt. Mir hat jedenfalls gefallen, was ich da gesehen habe. Man glaubt wegen der typischen Heist-Geschichte zwar oft an ziemlich flache Charaktere zu geraten, doch wenn man deren Hintergrundgeschichten erfährt sind plötzlich nicht mehr so eindimensional.