Es war einmal vor langer Zeit, da verschlang ich alles was als Buch mit dem Titel Star Wars bedruckt war...

Das ehemalige Erweiterte Universum hat auch heute noch eine längere Geschichte als der aktuelle "Kanon" und gefühlt auch mehr große Werke. Unter dem Legends-Titel werden diese Geschichten zwar immer noch verkauft, aber eben mit dem Hinweis nicht mehr "kanonisch" und damit für world building und Kontinuität kanonischer Werke relevant zu sein. Aber worum ging es in den Legends überhaupt und woher kamen sie? Nun, die Geschichte des Erweiterten Universums hängt stark mit Timothy Zahns Thrawn-Trilogie und den Dark Empire (dt. Dunkles Imperium) Comics zusammen. Nach Episode VI gab es lange nichts. Die Han Solo Romane von Brian Daley und die Star Wars Marvel Comics stellen zwar eine frühe Phase des EU dar, sie endeten aber allesamt in den 80ern und konnten aus unterschiedlichen Gründen nie das erreichen, was Thrawn und das Dunkle Imperium erreichten.
Star Wars wäre wohl nie zu dem Phänomen geworden, dass es heute ist, wäre man nicht auf die Idee gekommen in Abwesenheit einer offiziellen Filmfortsetzung der Saga eine Roman-Trilogie und eine Comic-Reihe in Auftrag zu geben, die genau das tun sollten. Rund 24 Jahre vor J.J. Abrams schrieb schon Timothy Zahn eine Sequel-Trilogie und der kommerzielle Erfolg dieser Romane führte schließlich zur Geburt dessen was zum Erweiterten Universum (Expanded Universe) wurde und schlussendlich auch den aktuellen "Kanon" möglich macht. Und fast symptomatisch für das Franchise gab es auch bei der Geburt des Star Wars-Universums nach Endor schon Probleme mit der Timeline, denn Timothy Zahn hätte seine Trilogie zeitlich nach den Ereignissen der bei Dark Horse in Auftrag gegebenen Dark Empire Comics ansiedeln sollen. Es hätte ja auch mehr Sinn gemacht wäre Thrawn nach dem Tod des geklonten Imperators aus den Unbekannten Regionen aufgetaucht und hätte deshalb nur noch über derart geringe Ressourcen verfügt. Doch man trat zu spät mit diesen Fakten an den Autor Zahn heran und man wollte den ersten Roman auch nicht mehr umschreiben lassen, wenn er schon näher an der Veröffentlichung war als Dark Empire #1. Nachlesen kann man den genauen und konkreten Ablauf dieser Ereignisse in der 20th Anniversary Special Edition zu Heir to the Empire, welche 2011 veröffentlicht wurde und einige Autoren-Kommentare enthielt. Leider verkaufte sich die Special Edition 2011 nicht gut genug, um auch noch Special Editions der restlichen Thrawn-Trilogie zu rechtfertigen.
Ohne die Prequel-Trilogie und damit die Klonkriege zu kennen, wie sie sich George Lucas schließlich vorstellen sollte, machte sich auch Timothy Zahn schon Gedanken über Klonarmeen, deren Probleme und Verschwinden - woraus die auf Wayland eingelagerten Spaarti Klonzylinder der Thrawn-Trilogie resultierten. Zahn ging aber noch weiter und schuf die Katana Flotte, jene 200 Dreadnaughts umfassende Armada aus der Ära der späteren Prequel-Trilogie, welche einfach verloren ging. Ohne in Lucas Pläne eingeweiht zu sein zog Zahn seine eigenen Schlüsse und ihm blieb auch nichts anderes übrig, da es keinen Fundus einer früheren Kontinuität gab, bei der er sich hätte bedienen können. In den 90ern konnten Autoren dem Star Wars-Universum teils noch ihren eigenen Stempel aufdrücken und so experimentierfreudig sein, wie es es heutzutage nur noch Regisseuren der Filme und einiger Serien möglich zu sein scheint.
Was mir die Augen für dieses Universum öffnete war zunächst das Star Wars Fact File, jene gedruckte Version einer Star Wars Enzyklopädie die man in Einzelheften kaufen und dann in eigenen Ordnern ablegen konnte. Im Fact File tauchten mit der Zeit Ereignisse auf, von denen ich als Kenner der Filme und einiger der großen Videospiele der 90er (wie Shadows of the Empire oder Rogue Squadron), noch kaum etwas gehört hatte. Anfangs sagte mir die Schlacht von Mon Calamari und V-Wings nur etwas, weil sie eben in der vermeintlichen Bonus Mission am Ende von Rogue Squadron vorkamen. Es dauerte trotzdem etwas, bis ich über das offizielle Star Wars-Fanmagazin und die Comics (mit diesen startete ich ungefähr zur Zeit von Episode 2 mit der Quinlan Vos Story Darkness) zu den Büchern vorstieß. Damals war die Welt der Star Wars Romane zudem gerade in einem Umbruch, zumindest im deutschsprachigen Raum, da die Lizenz vom Heyne zum Blanvalet-Verlag überging, während die Großreihe Das Erbe der Jedi-Ritter aka The New Jedi Order aka die Yuuzhan Vong Invasion startete. Vor 2003 hatte ich auch noch kaum Zugang zu einer Buchhandlung, sodass mir als Landei eben gerade einmal das Star Wars aus der Zeitschriftenecke zur Verfügung stand. Und die Zeitschriftenhandlung meines Vertrauens, über die ich auch das Fact File bezog lag zudem im Nachbarort. Vielleicht darf ich mich in dieser Hinsicht mit Luke Skywalker oder Biggs Darklighter vergleichen, denn ich hatte auch das Gefühl irgendwo am Ende der Galaxis zu leben. Und in meiner Familie hatte man auch ähnlich wenig Interesse an Abenteuern und Fantastik, so sehr dass utopisch schon den Klang eines schmutzigen Wortes hatte.
Als ich das EU entdeckte, erfüllte sich ein lange gehegter Traum für mich - denn die Geschichte, die ich so geliebt hatte und die auch meinen Freundeskreis 1997 nach dem Release der Special Editions (klarerweise wegen der Fernsehwerbung, Ausstrahlung im Fernsehen und durch Werbung in Videotheken) für fast ein ganzes Schuljahr beschäftigte, ging weiter. Als Kinder hatten wir uns noch ausgemalt wie es nach der Schlacht von Endor weiter gehen könnte, die Prequels hielten die Hoffnung auf Sequels sogar noch wach.
Star Wars ging weiter...
Mit diesem Gedanken musste ich anfangs klar werden, denn de facto hatte ich die Entstehung des EU ja fast verpasst. Ich stieß erst dazu, als die Yuuzhan Vong los gelassen wurden und in 19 Romanen praktisch alle Werke der 90er streiften. Insofern aber auch ein gzter Zeitpunkt, um einzusteigen.mein erster Star Wars Roman war Das Erbe der Jedi-Ritter 3: Das Verderben von Michael Stackpole. Ich war hin und her gerissen, denn die Story fand ich grandios, mir fehlten aber einige Hintergrundinfos, die auch das Fact File noch nicht enthielt. Um zu erfahren was in den ersten beiden Romanen geschehen war griff ich auf Rezensionen aus dem offiziellen Fanmagazin zurück, für den Rest der Geschichte seit Episode VI bemühte ich mich das damals noch nicht ganz so gut organisierte Internet zu durchforsten. Das heutige Starwars-union.de (damals noch unter einem anderen Namen) half mir mit seinem Lexikon einige Wissenslücken zu schließen, bis ich mir weitere Romane leisten konnte. Als ich endlich das Geld hatte fehlte mir aber trotzdem oft der Zugang, denn ich konnte zunächst etwa nur Das letzte Kommando und damit das Ende der Thrawntrilogie auftreiben, nicht jedoch den Rest. Manche Romane gab es sogar gar nicht mehr, denn Heyne druckte nach dem Lizenzverlust nichts mehr nach. Die Hand von Thrawn-Trilogie war daher zunächst einige Jahre für mich unzugänglich. Amazons Durchbruch als Online-Buchhandlung half mir schließlich ungemein. Der für mich bewegendste Moment war es, als ich eines Tages ein Paket mit allen X-Wing-Romanen Michael Stackpole und Aaron Allstons öffnen konnte. Stackpole mag sich wegen seines Fokus auf den möglichen self-insert-Charakter Corran Horn einiges an Kritik eingehandelt haben, aber ich werde ihm gegenüber wohl immer sehr milde eingestellt sein. Stackpole hat mich immerhin ins EU eingeführt und mir alles geboten, was ich von Star Wars wollte: Raumschlachten und Lichtschwertkämpfe, ganz wie Rogue Squadron und Jedi Knight. Gerade Raumjägertypen waren für mich faszinierend, weil ich als Flugzeugenthusiast und Modellbauer viel Begeisterung für deren Stats und Designs aufbringen konnte, ganz wie von George Lucas beabsichtigt, da er die Raumschlachten ja auch Luftschlachten nachempfunden hatte.
Es war natürlich nicht alles Gold was glänzt. In den 90ern, als die Lizenz für Star Wars Romane beim Bantam Verlag lag, durften sich durchaus einige namhafte Autoren an Star Wars Romanen versuchen, etwas das aber auch später unter Del Reys Ägide noch einige Male der Fall war. Preisgekrönte oder zumindest schon einmal nominierte Autorinnen und Autoren wie Vonda N. McIntyre (Dreamsnake), Barbara Hambly (Those who hunt the night, außerdem von 1994-96 die Präsidentin der Science Fiction aand Fantasy Writers of America), K.W.Jeter (der drei von Philip K. Dick authorisierte Blade Runner Sequels verfasst hat), oder Michael P. Kube-McDowell (The Quiet Pools) durften sich allesamt im EU verewigen, aber die Resultate sind unter Fans oft nicht unumstritten, denn so gelten McIntyres Crystal Star und Hamblys Planet of Twilight (meiner Meinung auch Hamblys Children of the Jedi) als zwei der "schlechtesten" Star Wars Romane. In den letzten Jahren des EU erhielten Martha Wells (bekannt durch Murderbot) und James S. A. Corey The Expanse) eine vergleichbare Gelegenheit, die Romane der Empire and Rebellion Reihe spielten jedoch keine so große Rolle in der Kontinuität und Lore des EU wie die Werke der 90er. Wells Razors Edge war ein in meinen Augen leider eher mittelmäßiger Leia-Roman und Corey wagte sich mit Honor among thieves an das undankbare Subgenre einer Han Solo-Geschichte (eine ziemlich abgegraste Wiese). Dafür hatte das EU seine eigenen Stars, die als Autoren sonst eher unbemerkt blieben, wie James Luceno, Matthew Stover oder eben auch Timothy Zahn (der den Erfolg seines Hugo Award-Gewinns einige Zeit vor seinem Engagement als Star Wars-Autor hatte). Aber selbst die großen Ikonen Luceno, Stover und Zahn konnten durchaus mal für meinen Geschmack daneben liegen: Stover mit Luke Skywalker and the Shadows of Mindor, Zahn mit Scoundrels, Luceno mit Millenium Falcon.
Grundlegend würde ich das EU für mich in drei Phasen zerlegen, die wilden Pionierjahre der 90er, die Konsolidierung in den 0er-Jahren mit ihren mehrteiligen Reihen (19 NJO, jeweils 9 FotJ und LotF) und das Ende am Beginn der 10er-Jahre. Das Gefühl am Ende des EUs war eines der fehlenden Perspektiven. Nach den drei Megareihen und deren Problemen (Vorlieben der Schreibenden, die Vorwürfe fehlender Koordination begründeten) wollte man etwas kleinere Brötchen backen, wusste aber nicht mehr wie. Für mich waren die Kontinuität und damit der Fortsetzungstrieb das was mich zum EU geführt hat und trotz einiger tiefer Täler auf Kurs hielt. Doch das EU hatte ein starkes Eigenleben entwickelt mit Charakteten, die bereits in zweiter Generation ganz exklusiv, nur abseits der Filme existierten (Allana Solo, die Sprößlinge Corran Horns). Das EU war vor seinem Ende in meinen Augen fast ein eigenes Ökosystem und es gab Lobbies die sich auch dafür stark machten, die Geschichten des EU sollten langsam die fast 70jährigen Großen Drei (Han war da schon 70) ganz hinter sich lassen. Es schien sogar so als wäre Jaina Solo mit der dann gecancelten Sword of the Jedi-Trilogie dran gewesen die Fakel zu übernehmen und neben ihr standen auch Ben Skywalker und Jainas Nichte Allana Solo bereit. Gleichzeitig waren die Kinder des EU aber nicht so universell beliebt, dass sie das Fandom vereinen konnten. Es gab Zersplitterung und dementsprechend viele Splittergruppen, welche die Story lieber in die von ihnen bevorzugte Richtung gelenkt gesehen hätten. Man versuchte auch Stimmung für mehr Geschichten vor den Prequels, insbesonders in der Alten Republik, zu machen und 2011 ging ja auch SWTOR an den Start, das zum Zugpferd der Old Republic-Lobby wurde. Als Drew Karpyshyn nach seiner Arbeit an SWTOR dann zwei SWTOR-Romane über Revan und Theron Shan schrieb wähnte man sich fast am Ziel, aber doch nicht, denn es stellte sich nicht jeder aus der Old Republic-Lobby auch hinter SWTOR oder sah die Ära einfach durch das MMO belastet. Das Comic und Romanprojekt Knight Errant hätte noch den gewünschten Erfolg haben, denn wenn sich Karpyshyn schon nicht mehr gebührend um die Ära kümmert, dann sollte man vielleicht jemand anders die Chance geben. John Jackson Millers Knight Errant schien auf dem Papier ein Prequel zu Karpyshyns Darth Bane-Trilogie zu werden, doch kam wegen des Fokus auf Comics nie so gut an. Es gab zwar einen Roman, aber dieser war fast ein Standalone. Zuvor hatte JJM aber auch schon die Knights of the Old Republic Comics geschrieben, welche ihre eigene Geschichte abseits der legendären Videospiele erzählten. Ich hatte jedenfalls den Eindruck, das EU könnte anno 2014 einfach zu groß und die Fangemeinde zu zersplittert sein, um noch kommerzielle Erfolge zu erzielen. Comicreihen wie Knight Errant endeten frühzeitig, womöglich wegen rückläufiger Verkaufszahlen. Es fehlten klare Ziele, außer vielleicht mit den Romanen bis zu den Legacy Comics aufzuschließen, doch diese Ära war ebenso umstritten. Wer würde da noch den ganzen Weg mitgehen? Ich hatte anno 2014 selbst schon einige Jahre den Anschluss bei den Star Wars Comics verloren, so etwa auch bei Volume 2 der Legacy Comics, die Ania Solo als Protagonistin einführten. Das Reboot von 2014 schien fast notwendig, um das EU wieder zu konsolidieren, doch es führte auch in ein Tal der Tränen. Entgegen anfänglicher Lippembekenntnisse zur Bewahrung von dem EU entstammender Lore blieb so gut wie nichts an kanonischen EU-Werken übrig. Vor allem war es aber einfach vorbei. Was ich einst so enthusiastisch aufgesogen hatte, weil es Star Wars fortsetzte, war nun mehr oder weniger auf der gleichen Stufe angesiedelt wie Fan Fiction, zumindest hinsichtlich der Relevanz der Lore. Gleichzeitig schien die Qualität der neuen kanonischen Publikationen aber nicht viel höher zu liegen und nach anfänglichem Hype sackte man auf das gewohnte Mittelmaß zurück. Beim Reboot konnte man zudem nicht gleich mit Megareihen oder tief schürfenden Werken durchstarten, welche den Filmemachern zu viel Lore in den Weg gelegt hätten. Als Regisseur oder Drehbuchautor schien man ziemlich frei von den Zwängen zu sein, an die sich Romanautoren zu halten hatte. Im EU war so eine Situation zumindest einmal hochgekocht, nämlich als die Republic Commando-Autoren Karen Traviss hinwarf. Traviss hatte in ihren Romanen über die Republic Commandos, den mandalorianischen Skirata-Clan und schließlich auch den alten Boba Fett viel an Lore über die Mandalorianer und ihren Heimatplaneten entwickelt. Doch als sich Dave Filonis The Clone Wars Mandalore zuwandte überschrieb man einiges, was Traviss geschaffen hatte, mutmaßlich während diese noch an Imperial Commando 2 schrieb. Traviss wurde bei den Post-Endor-Romanen nach Legacy of the Force schließlich durch Christie Golden ersetzt. In einer Ironie des Schicksals schrieb Golden nach dem Reboot dann auch einen höchst erfolgreichen und gelungenen Roman basierend auf nicht produzierten The Clone Wars-Folgen: Dark Disciple.
Wenn es nicht mehr weiter geht, ist der Zeitpunkt gekommen, um sich zu fragen was bleibt. Die Antwort darauf fällt bei mir sehr subjektiv aus. Objektiv betrachtet wurde das EU zu Legends erklärt und wird eben nicht mehr fortgeführt, man hat es aber auch nicht komplett gecancelt, da weiterhin Nachdrucke mit dem Legends-Label erscheinen. Es ist sogar wieder etwas Leben in das EU und seine Vermarktung gekommen, seit man einige EU-Romane mit neuen ungekürzten Hörbuchfassungen segnet. So gibt es mittlerweile fast die gesamte X-Wing-Reihe ungekürzt und als Hörbuch, mit dem legendären Marc Thompson als Sprecher. Als ehemaliger SWTOR-Spieler waren Hörbücher bei langen Grindsessions für mich fast lebensnotwendig, sodass mir Mark Thompson und Johnathan Davis als Sprecher der meisten Star Wars Audiobooks ziemlich vertraut geworden sind. Die beiden Herren sind für mich so etwas wie der Goldstandard für englischsprachige Hörbuchsprecher, was ich umso mehr zu schätzen gelernt habe, seit ich zum ersten Mal auf Hörbücher mit mangelnder Tonqualität oder etwas weniger engagierten Sprechern gestoßen bin. Es muss aber nicht am Talent oder der Motivation liegen, es kann auch die Regie sein. Ohne Star Wars hätte ich mich wohl nie für Hörbücher interessiert oder diese vielleicht nach der erste Begegnung schon aufgegeben. Mit Comics verhält es sich ganz ähnlich, denn ohne die von Dark Horse produzierten Star Wars Comics hätte ich dieses Medium nie ernst genommen. Dass ich mir zumindest einige prominente Marvel (Dark Avengers, Ed Brubakers Captain America Run, Straczynskys Thor Reboot) und DC Comics (Batman Death in the Family, the Killing Joke, Battle for the Cowl, die Ära Dick Graysons als Batman und Damien Waynes als Robin) zugelegt habe liegt auch daran, dass ich dank Star Wars das Medium Comic sogar zu schätzen gelernt habe. Aber irgendwann platzen die Regale dann doch aus allen Nähten. E-Books sind eine Lösung, aber ich hatte in der Prä-Kindle-Ära (aber auch vor der Kindle App für Tablets und Smartphones) so gar keine Freude an ihnen. Star Wars führte die Lost Tribe of the Sith Kurzgeschichten zunächst als E-Book-Downloads ein und ich habe dieses Format gehasst, sogar so sehr, dass sich das auf mein Urteil über die Geschichten auswirkte. Erst mit der Buchveröffentlichung der Lost Tribe-Geschichten konnte ich meine Begeisterung für diese entdecken. Über die Jahre hat sich durch Platzmangel, Zustellungs- und Vorbestellungsproblemen bei mir auch generell eine Tendenz zum Kauf für den Kindle entwickelt. Wobei ich gerade viele der jüngeren Star Wars Romane gleich als Hörbuch gekauft habe, die 10 Euro für das Hörbuch schlagen preislich fast jedes Hardcover und dazugehörige E-Book. Man hat sogar schon eigene Star Wars Hörspiele wie Dooku: Lost Jedi, Doctor Aphra und einige High Republic Geschichten veröffentlicht, weshalb ich vermuten würde, dass Hörbücher für Lucasfilm und die lizenznehmenden Verlage zumindest nicht unlukrativ sind. Mein Interesse an Star Wars ist nicht ganz erlahmt, aber es stützt oftmals weniger auf die Hoffnung nach prickelnder neuer Lore oder erinnerungswürdigen Geschichten, als auf Nostalgie. Die Hoffnung auf "relevantes" aus dem neuen Kanon wurde oftmals enttäuscht und ich schiebe das gerne auf die Restriktionen denen Romane unterliegen, sodass sie keiner sprichwörtlich höheren Instanz im Weg stehen. Filme und Serien genießen im Kanon einen höheren Wert als alle anderen Medien, zweifellos auch in monetärer Hinsicht. Ich erwarte mir von den Romanen daher wenig, denn sie werden für sich genommen nicht viel zu sagen haben. Solche Bücher gab es eben auch im EU, es waren Füller. Star Wars Romane bewegen sich zudem nach über 30 Jahren durchaus auf ausgetretenen Pfaden, in irgendeiner Form wurde das meiste schon einmal probiert. Neue Geschichten über die großen Drei zu erzählen ist etwa schwierig, man macht es aber trotzdem, vor allem in den Comics. Innovation ist riskant, denn wie im EU können Eigenkreationen der Comics zwar Fans gewinnen, aber auch verlieren. Doctor Aphra ist wohl das beste Beispiel für einen kanonischen "EU-Charakter".
Bei Star Wars Werken stelle ich mir oft die Frage nach der Relevanz. Neue Lore, gelungene Charakterisierung, eine Fortsetzung einer bereits bekannten Geschichte oder erinnerungswürdige Charaktete und Geschichten - all das versuche ich als zumindest für mich relevant einzustufen. Hat ein Buch nichts davon ist es für mich uninteressant, denn es bietet dann nichts neues oder zuviel altbekanntes, zu wenig um sich von dieser grauen Masse abzuheben, die in meinem Hinterkopf als Bodensatz dutzender Star Wars Jugendromane zurück geblieben ist. Obi-Wan streitet mit Anakin - wie in Jedi Quest. Qui-Gon versteht Obi-Wans Linientreue nicht - siehe Jedi-Padawan... Zu vanilla, damit lässt sich wohl umschreiben, was ich vermeiden will. Wenn man schon eintönige Kost zu sich nehmen muss, dann will man sich nicht noch mit niedriger Qualität bestrafen. Das ganze ist wohl die Angst vor AI Slop, dass einem irgendein unoriginelles Distillat vorgesetzt wird.
Welche Star Wars Romane besitzen für mich Wiederholungswert?
Stovers Episode 3 Romanadaption muss da natürlich ganz oben stehen. Zahns Thrawntrilogie kommt auf den zweiten Platz, ab da wird es etwas stimmungsabhängiger. Die Hand von Thrawn Duologie juckt mich in letzter Zeit immer mehr, aber auch Zahns Outbound Flight und Survivors Quest könnten unabhängig vom Franchise noch gute Geschichten sein. Nach einem kurzen MASH-Rewatch ist aber auch mein Interesse an der Medstar-Duologie wieder erwacht. Stovers Shatterpoint ist mir seit seiner Hörbuch-Neuveröffentlichung noch zu gut in Erinnerung. Sollte ich mich an Stovers Episode 3 Adaption heranwagen könnte ich noch Lucenos Labyrinth of Evil einschieben. Darth Plagueis nur bei Bedarf, im Moment reizt er mich zu wenig. Ansonsten gibt es da nicht viel, das mir immer wieder mal durch den Kopf schwebt. Eines Tages vielleicht ein Binge der X-Wing-Romane, sobald die Reihe der ungekürzten Hörbucher komplett ist. Im Kanon hat für mich Alexander Freeds Twilight Company seit dem Serienfinale von Andor an Bedeutung gewonnen, weshalb ich aber auch geneigt bin Freeds Rogue One Roman eine zweite Chance zu geben. Ansonsten wären noch Dark Disciple und Ronin als Werke zu nenben, die für mich Wiederlesbarkeit besitzen. Wenn man auf hunderten Büchern hockt, aber nur ein Dutzend immer wieder liest...
Seit jüngstem stelle ich mir auch vermehrt die Frage, wie viel gute SciFi oder generell gute Literatur unter dem Star Wars Label zu finden ist. Autoren wie James S. A. Corey gehören abseits von Star Wars für mich zu den Must Reads und The Expanse hat mit 9 Büchern auch nicht weniger Umfang als etwa Legacy of the Force. Ich bin aber eher versucht alles über den Haufen zu werfen und The Expanse noch einmal von vorne zu starten, als irgendeine Star Wars Reihe. Ich käme aber nie auf den Gedanken Honor among thieves noch eine Chance zu geben. Mit Martha Wells Razors Edge verhält es sich genauso, obwohl ich Wells Murderbot-Novellen sehr schätze. Vonda N. McIntyres Crystal Star war derart "schlechtes" Star Wars für mich, dass ich ihren Namen fast als Warnsignal sehe, aber vielleicht ist sie als Autorin doch viel besser als es von diesem Beispiel her den Anschein hat. McIntyres Dreamsnake hat sogar den Hugo und Nebula Award gewonnen. Einen anderen Hugo-Gewinner kenne ich bis jetzt ja auch nur von Star Wars - Timothy Zahn. Nach 6 kanonischen Thrawn-Romanen, die ich alle nicht auf dem Level seiner früheren Werke einstufen möchte bin ich auch interessiert zu erfahren, was Zahn, ohne die Restriktionen der Lucasfilm Story Group und in einem Universum nach seinen Regeln, zu schaffen vermag. Wie viel Thrawn steckt normalerweise in Zahn oder auch wie viel Zahn steckt in Thrawn. Oder verklärt das Label Star Wars die Tatsachen? Meine Reise durch das Erweiterte Universum wird künftig wohl auch andere Universen umfassen.
Weil wir schon bei den Schlussworten sind und nun das Wort Reise gefallen ist, das Expanded Universe kann durchaus den Eindruck einer Irrfahrt erwirken und es gibt manche Kritiker, die es auch als Irrweg bezeichnen, denn es hätte ja nichts sinnvolles hervorgebracht. Das beschreibt zwar den extremsten Standpunkt, denn es gibt Aufweichungen, die dem EU zumindest 1-2 gute Bücher zugestehen, aber grundsätzlich wurde im Zuge des großen Cancelns viele Worte der Ablehnung geäußert. Das zeigt natürlich wie gespalten oder zersplittert das Fandom ist. Die Ablehnung der Prequels war 1999 nur ein Vorgeschmack darauf, wie facettenreich das Fandom werden sollte. Diese fundamentalistischen Positionen sind es auch, die dem Fandom bis heute nicht gut tun und religiöse Vergleiche zulässig erscheinen lassen. Immerhin verwendet man schon Begriffe wie Kanon und verklärt Kreative zu Aposteln. Mir scheint das EU jedoch auch eine nicht ganz so christliche Existenzberechtigung zu haben, auch wenn man von kanonischen Texten und Apokryphen sprechen kann. Schon Homer oder dessen Alan Dean Foster (weil Foster als Ghostwriter das Buch zu Episode IV schrieb und schließlich ein Sequel nsmens Splinter of Minds Eye, ehe George Lucas die Mittel für den Dreh von Episode V bekam) wagten sich nach der Ilias an die Odyssey und Jahrhunderte später dichtete Vergil mit seiner Aeneis Homers Trojanischen Krieg noch eine Odyssey mit den Vorfahren der Römer an. Sich erweiternde Universen haben Tradition.